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Noch viele Jahrzehnte später erinnerten die Frauen den Rat an diese Tätigkeit seiner Vorfahren für das Kloster und verlangten, daß er auch ihnen solche „Liebe Begierde und Andacht“ erzeige.

Im Zwange der Observanz steht nun das Steinenkloster in der Tat wie erfrischt da. Zahlreiche Eintritte und Jahrzeitstiftungen zeigen, welches Vertrauen es neu gewonnen bat. Seine soziale Hebung ist nicht zu verkennen. Mit der Abschaffung persönlichen Eigentums der Frauen wird jetzt Ernst gemacht. Auch ökonomisch bedeutete die Reform eine Erneuung. Noch 1401 hatte das Steinenkloster arm geheißen; jetzt bessern sich seine Verhältnisse, nicht zum Wenigsten unter der Wirkung einer frischen Gewissenhaftigkeit, der auch äußere Dinge nicht zu gering sind. Manches mochte jetzt geleistet und bestimmt sein durch eine geläuterte Gesinnung, ein gesteigertes geistiges Interesse, und diese Kräfte finden wir lebendig in manchen Einzelheiten des spätern Lebens, in Briefen der Frauen, in ihrer Bibliothek, am stärksten in der Kolonisation andrer Konvente: vom Steinenkloster aus wurden 1429 Himmelskron bei Worms, 1431 St. Nicolaus in undis in Straßburg, 1439 die Insel in Bern, 1465 St. Agnes in Freiburg i. B. reformiert.


An dieses Werk schloß sich rasch die Reformierung des Basler Männerklosters.

Das Bild dieses großen Konventes steht lebendig vor uns. Schon die Gewalttaten der urbanistisch gesinnten Brüder gegen den Provinzial und Andere zeigten, welche Manieren hier zu Hause waren. Dann kam die Überwindung der Barfüßer im Beginenkampfe; aber in der Siegesfreude des Klosters ist von der Art Mulbergs wenig zu merken. Wir hören mehr von der Sorge um Rechte und Privilegien und namentlich viel von unbekümmertem läßlichem Leben, von gutem Essen, guten Betten u. dgl.; bis in die Ordenschronik drang der Ruf, wie die Basler Brüder dem Fleische den Willen täten.

Auch hier griff der städtische Rat ein. Unmittelbar zum General des Predigerordens, dem feurigen Reformer Bartholomäus Texerii, ging er und bat ihn, das Basler Kloster zur heiligen Observanz zu bringen.

Aber wenn schon an den Steinen Widerstand gewesen, wie viel mehr bei diesen derberen Mönchen. Sie erhoben sich zur heftigsten Opposition und, um sofort Herren im Hause zu bleiben, trieben sie die wenigen Brüder, die einer Reform zuneigten, hinaus. Noch deutlicher als bei den Frauen sehen wir hier, wie stark auch ein Kloster dem öffentlichen Leben der Stadt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 813. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/292&oldid=- (Version vom 4.8.2020)