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als Volksprediger bekannte Bruder Peter von Gengenbach; noch die späte Klostertradition wußte zu erzählen, daß Alles zur Einführung der Observanz nötige Äußerliche durch Bruder Peter ausgeführt worden sei.

Aber die Hauptsachen fehlten: die reine Gesinnung des Reformators selbst und die Beugung der Nonnen unter die alte, nun wieder neu geltende Regel. Bruder Peter mußte wegen anstößigen Betragens entfernt werden, und auch der Austritt mehrerer Schwestern im Laufe weniger Monate läßt uns die Kämpfe ahnen, die geführt wurden.

Eine Reform war nur möglich durch das Eintreten neuer Schwestern, zuverlässiger Bekennerinnen der Observanz, in das Basler Kloster. Der Orden bestimmte, daß sie aus dem Konvent Unterlinden in Colmar genommen werden sollten.

Am 6. November 1423 trafen diese Frauen im Steinenkloster ein, in der bei diesen Kolonisationen üblichen Zahl von dreizehn, unter ihnen die gottselige Margaretha von Kenzingen. Von den alten Steinenklosterschwestern blieben nur neun im Hause, darunter die Priorin Katharina von Zässingen, und unterzogen sich der Observanz.

Dieser ganze Verlauf zeigt uns in deutlicher Weise, was Klosterreform war. Ihr Äußerliches, vor Allem „der bu der observanz“, — das Erhöhen der ringsum stehenden Mauern, das Schließen oder Vergittern von Fenstern, das Versichern der Schlösser an Tor Redfenster Beichtfenster usw., die Entfernung der Mühle und des ganzen mit ihr zusammenhängenden Verkehrs aus dem Klosterhof — war schon durch Peter von Gengenbach, vor dem Eintritt der Unterlindnerinnen, besorgt worden. Aber was darüber hinaus wirkliche Reform bedeutete, die Versetzung des Klosters in den „seligen Stand“, „die Reformierung zur heiligen Geistlichkeit“, war neue Strenge und Zucht, neue Gesinnung. Ein Urteil über deren Vorhandensein ist uns freilich so wenig gestattet wie über die Zustände des Klosters vor der Reform. Daß diese der Verbesserung bedurften, ist dem Verhalten der kirchlichen Obern zu entnehmen. Überdies beachten wir das Handeln des städtischen Rates. Er erscheint nicht nur als mitwirkend. Sondern er hat den Provinzial zur Reform gedrängt. Er selbst sagt von sich, daß er diese Reform angefangen habe. Er bestellt eine Kommission, um dem Orden bei dem Geschäfte zu helfen. Er bedroht Verletzungen der neu gefestigten Klausur mit Strafe. Zur Aussteuerung des reformierten Hauses erläßt er das Mühleungeld für ein Jahr und schenkt eine große Geldsumme für Erwerbung des Kirchensatzes zu Frick; die Rückgabe dieses Geldes solle geschehen, wenn die Observanz im Kloster abgehe, „do uns got vor behüt“.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 812. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/291&oldid=- (Version vom 4.8.2020)