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sie alle im Kloster Blotzheim. Hierin seinem Kollegen dem Chorherrn Baldemar von Kappeln ähnlich, der eine gleich große Familie hinterläßt. Fünfzig Jahre später ist die Stimmung eine merklich andre. Das Stiftsvermögen hat abgenommen, hauptsächlich wegen der durch das Erdbeben nötig gewordenen Bauten, und daneben ist das Kapitel gequält durch den Dompropst Konrad Münch, der eine Jurisdiktion über das Stift behauptet und die Herren mit Visitationen und Strafen heimsucht. Auch die Kapläne geben zu tun. Immer mehr vertreten auch sie, die früher von draußen hereingekommen waren, die guten Familien der Petersgemeinde; sie sind herangewachsen und haben Ansprüche, sie klagen und schelten, bis endlich die Chorherren Hilfe bei der reichen und freigebigen Adelheid Biderman finden. Diese spendet eine Summe, die ihnen ermöglicht, das ganze Gebührenwesen neu zu ordnen und die Altaristen zufrieden zu stellen.

Sodann die reich dokumentierten Zustände des Domkapitels. Dessen Mitglieder zeigen zunächst noch völlig die Lebensformen alten Stils: als Vertreter der Ministerialität die mächtigen Münch und Schaler, ein Kämmerer, ein Marschalk usw.; die Freien von Bechburg und von Ramstein; die Grafen von Tierstein, von Straßberg; der in Stiftungen großartige Konrad von Gösgen; der bis ans Ende seines langen Lebens nie befriedigte Lütold von Röteln, der als der Letzte seines Geschlechtes noch einmal allen Stolz sammelt, zahlreiche Pfründen an sich reißt, wiederholt die Basler Bischofwürde zu erlangen strebt. Bei Menschen dieser Art sind wir nicht erstaunt, von unaufhörlichem Streit zu vernehmen. Zunächst in Geschäften der innern Administration. Wichtiger sind die Parteiungen, die zur Zeit Clemens V. und Johannes XXII. auch diesen kleinen Kreis erschüttern. Die Gegensätze von päpstlichem und eigenem Wahlrecht, von Wälsch und Deutsch, von Bischof und Kapitel treffen heftig aufeinander. Immer ist eine Gruppe eingeborner Domherren da, die gegen all das Fremde und die Eingriffe sich erheben. Diese stolzen Herren sehen wir auch die nichtadligen Inhaber der vier Priesterpfründen niederdrücken. Wie zum Hohn auf den Papst, der als Auszeichnung des Kapitels neben den mächtigen und edeln die gelehrten Mitglieder gepriesen, entziehen die Junker diesen durch Weihe und Bildung ihnen überlegenen Kollegen das Stimmrecht im Kapitel, und Bischof Hartung gibt sich dazu her, solche Gewalttat gutzuheißen. Nur konsequent ist dann 1337 das Schließen des Kapitels für Basler Bürger.

Wie die Wahl Johann Senns zum Bischof diese wilde Zeit geendet, so rief sein Hingang 1365 neuen Wirren. Aber Farbe und Wesen sind jetzt anders. Die alten Geschlechter sind kaum mehr vertreten. Nur die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 793. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/272&oldid=- (Version vom 4.8.2020)