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Basel ist, von armen Gotteskindern und von reichen, von Männern und von Frauen, von Pfaffen Mönchen Brüdern Bürgern Chorherren, edeln und gemeinen Leuten. Sie kommen schon vor der Frühmesse und sichern sich Plätze mit großen Begierden“. Auch ihm zu beichten drängten sie sich heran. Den Deutschherren las er täglich Messe und hatte bei ihnen seinen Tisch. Ehrbare Frauen kauften ihm ein neues Chorröcklein, die besten Kürschner brachten ihm als Geschenk eine Chorhaube. Pfarreien Kapellen Pfründen Klosterplätze wurden ihm angeboten.

Wir haben bei dieser Tätigkeit und ihrem Erfolge nicht an die Stellung Heinrichs im kirchenpolitischen Kampfe zu denken. Er hielt zum Papste, der das Interdikt verhängt hatte; auch dem altstädtischen, das Interdikt sonst beobachtenden Klerus war das Predigen in gewissen Grenzen gestattet. Als dann 1345 Papst Clemens das Interdikt aufhob und damit das Spenden der Sakramente möglich wurde, wuchs die Arbeit Heinrichs so sehr, daß er beinahe versucht war, dieser päpstlichen Verfügung zu zürnen. Sein Erfolg war ohne Zweifel durch sein persönliches Wesen bewirkt.

„Aber man muß Neid und Haß leiden“, klagte Heinrich; um seiner Beliebtheit willen hatte er „viel giftiger Stöße“ von der Geistlichkeit zu erdulden. Auch blieb es nicht bei den Predigten in der kleinen Spitalkirche, sondern schon bald war Heinrich im Dienst „eines ganzen Kapitels und der besten Pfarre die zu Basel ist“. Er bekam eine Kaplaneipfründe zu St. Peter und damit auch dort Gelegenheit zu Predigt und Seelsorge.

Heinrich von Rheinfelden, ebenfalls Kaplan zu St. Peter, war sein Vertrauter. Neben diesem zeigen sich im Kreise der um Heinrich gescharten Gottesfreunde die Frau von Falkenstein im Klingental, Margaretha zum goldenen Ring, der Ritter von Pfaffenheim, der Ritter von Landsberg und seine „gotterleuchtete“ Gemahlin, „die große und getreue Freundin“ Anna und Andere, dazu die Besucher aus der Heimat: Heinrichs Mutter, die Frickin usw.

Diese Personen werden uns bekannt durch die Briefe, die Heinrich der von ihm schwärmerisch verehrten Nonne Margaretha Ebner in Medingen schrieb; es sind knappe persönliche Erwähnungen, flüchtige Schilderungen von Momenten; aber dies Wenige erhält Wert durch den alles Vergängliche überflutenden, einheitlichen Geist dieser unvergleichlichen Briefe, die für uns weniger Zeugnisse des einzelnen Heinrich sind, als einer Gemeinschaft des innern Lebens von Vielen.

Wie gerne würden wir ähnliche Nachrichten von dem bis 1346 in Basel weilenden Tauler und seinem Kreise vernehmen!

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 790. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/269&oldid=- (Version vom 4.8.2020)