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über das Eherecht der Frau eines gerichteten Missetäters, und 1307 befragt sie der Bischof wegen der Zuständigkeit von Neubruchzehnten. Selbst der Offizial gibt zuweilen sein Urteil erst nach Konsultierung dieser juristischen Experten.

Wir haben auch hier wieder zunächst an Geistliche zu denken, zu einer Zeit, da Rechtswissenschaft und Beherrschung des geltenden Rechtes die höchste Bedeutung für den Klerus hatten. Die kirchliche Verwaltung wie die geistliche Jurisdiktion waren ohne solche Bildung unmöglich, auch ergaben sich speziell in der Beichtpraxis unaufhörlich Rechtsfragen aller Art. Weit häufiger als dem Magister der freien Künste oder gar dem Doktor der Theologie begegnen wir daher im Klerus dem Baccalar des kanonischen Rechts, dem Doktor der Dekrete. Geistlicher und Rechtsgelehrter konnte dasselbe sein, und jene Weisen, die der Rat befragte, hießen kurzweg „die besten Pfaffen“.

Diese Juristen Basels sitzen zum Teil in den Klöstern wie z. B. jener gelehrte Dominikaner Johann von Efringen († 1375), der den ordo judiciarius besaß. Auch bei den Johannitern findet noch immer das Recht seine Pflege und leben Juristen von Ruhm: der Komthur Bernhard von Löweneck 1322, die Brüder Ludwig Schorlin 1337 und Johann Kolb von St. Amarin 1350—1361.

Dieser Kolb hatte 1335 in Bologna, an der ersten Rechtsschule der Zeit, studiert; Konrad Elie von Laufen, der vielgepriesene eximie peritie vir, war ein in Prag und Pavia gebildeter Jurist. Neben ihn, den berühmtesten Basler Rechtsgelehrten der frühern Zeit, tritt die weniger reine und wissenschaftliche Gestalt seines Kollegen und Vorgängers im Offizialat Generalvikariat und Domkapitel Franz Boll, den der Rat 1395 als rechtskundigen Berater anstellt. Auch Herman Ritter dient dem Rat in den großen Zeiten Johanns von Fleckenstein. Ebenso wird später der durch die mannigfaltigsten Leistungen ausgezeichnete Heinrich von Beinheim offizieller Konsulent.

Diese Alle waren Offiziale, und um sie scharen sich die ihnen vorangehenden oder folgenden Inhaber dieses Amtes: am bischöflichen Hofe Heinrich von Sursee 1350—1365, Peter Brenner 1408—1416, Johann Ner 1436, Johann Gemminger 1442—1448, Laurenz Kron 1452—1467; am erzpriesterlichen Hofe Peter Ginker 1393—1402, Berthold Rehbock 1415 bis 1431, Peter Textoris 1440.

Jeder aus dieser Reihe konnte sich in seiner Zeit zu den ersten Juristen Basels rechnen, und zu ihnen, den Hütern und Verkündigern des Rechtes, traten mit ähnlichen Qualitäten die Parteivertreter an den Kurien. Von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 543. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/22&oldid=- (Version vom 4.8.2020)