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von den beiden Gewalten empfangen und mit Stolz publicus apostolica et imperiali autoritatibus notarius heißen.

Diese Notare nun sind die „geschworenen Schreiber“, die „offenen Tabellionen“ des Stadtrechts. Zum Teil Geistliche. Ihre wissenschaftliche Bildung haben sie auf Universitäten geholt. Als ihre Funktionen nennen die städtischen Ordnungen hauptsächlich die Aufnahme letztwilliger Verfügungen; außerdem begegnen sie uns oft, indem sie eine Abschrift beglaubigen oder eine Handlung, eine Aussage, eine Erklärung usw. bezeugen. Jeder mit seinem persönlichen Signet, das er auf seine Schriftstücke zeichnet oder malt oder drückt.

Manche Notare gingen in den öffentlichen Dienst über. So fanden Konrad Künlin, Niklaus Rüsch, Johann Harnasch eine Lebensstellung bei der Kanzlei des Rates; Mathis Bomhart wurde Spitalmeister, Johann Gerung Salzschreiber. In der Kleinbasler Stadtschreiberei finden wir die Notare Ludwig Hauenstein und Alexander Hug von Calw; der Letztere wurde der Berühmteste des gesamten Basler Schreibervolkes als Verfasser oder Kompilator des vielgebrauchten Kanzleihandbuches „Formulare und deutsch Rhetorica.“ Andere Notare zogen sich in das ihrem Stand entsprechende Kirchenleben und tauschten eine sichere kleine Pfründe gegen den Ertrag, aber auch gegen die Arbeit und Sorge der Schreibstube. So Johann Knebel, so Johann Waltenheim u. A. Ohne daß die kirchliche Tätigkeit sie immer absorbierte. Knebel funktionierte gelegentlich noch neben seinem Benefiz als Notar, und auch die städtischen Beamten ließen sich trotz dem ausdrücklichen Verbote des Rates wiederholt zu privaten Geschäften rufen.

Aber die große Mehrzahl der Notare fand Unterkunft, Arbeit und Verdienst, dazu ein durch die ganze Diözese geltendes Ansehen im Dienste der bischöflichen und der archidiakonalen Kurie. Hier empfing sie in der Sozietät des Schreiberhauses eine enggeschlossene Kollegenschaft und hier entwickelten sie, einander begleitend und ablösend, eine grenzenlose Tätigkeit, die in Tausenden von Urkunden sich vor uns breitet und eine Quelle geschichtlicher Erkenntnis ohne Gleichen ist. Was uns dabei immer wieder fesselt, ist der merkwürdig sichere Stil dieser ganzen kurialen Welt; ihn bedingen die Unerschütterlichkeit der hier geltenden Rechtssätze und die von jeder lokalen Bedingtheit freie Schulung zugleich mit einer in unausgesetzter umfassender Praxis gebildeten Tradition.

Das Wichtigste sind die eigentlichen Gerichtsschreiberdienste dieser Notare. Aber sie amtieren auch als Sekretäre päpstlicher Konservatoren Exekutoren u. dgl. Häufig besorgen sie Geschäfte der städtischen Kanzlei;

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 541. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/20&oldid=- (Version vom 4.8.2020)