Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/152

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auch jetzt noch gewisse Pfarreirechte ausüben ließ, in Fortsetzung früheren Zustandes, zeigt uns die Erwähnung eines Glockenturms und eines Kirchhofs von St. Andreas; in der Hauptsache aber handelte es sich nur um Altardienst. So völlig abhängig vom Stift Alles war, – da zu St. Andreas zwar ein Altar bestand, aber keine Altarpfründe –, so reich an sich haben wir uns doch dieses gottesdienstliche Leben zu denken. Es war altbegründet und durch die Vereinigung der Kapelle mit St. Peter nicht aufgehoben; von Opfern, von Vergabungen und Jahrzeiten der ringsum ansässigen Familien ist noch immer die Rede.

Aber eine einzelne Erweisung aus diesem Kreise war dazu bestimmt, dem Dasein von St. Andreas eine neue Richtung zu geben. Im Jahre 1378 stiftete Mechthild, Witwe des Hug von Sarburg, am Andreasaltar der Kapelle eine Kaplaneipfründe und ewige Messe; der Vorstand der Krämerzunft zu Safran erhielt von der Stifterin das Kollaturrecht dieser Pfründe. Indem die Gabe Namens des Altars durch ihn angenommen wurde, war ein bestimmtes Recht der Safranzunft begründet, und rasch wuchs dieses Recht von der Altarpfründe aus über die ganze Kapelle.

Was von da an zu St. Andreas gestiftet wurde, für die Wohnung des Kaplans, für Jahrzeiten Geräte Zierden Gesänge Messen Armenspenden usw., ging nicht an St. Peter, sondern an die Safranzunft. Diese war verantwortlich für die Ausführung der Stiftungen. Sie selbst stiftete in der Kapelle ein Salve Regina und beging in ihr alljährlich die große Zunftjahrzeit. Ihr Oberknecht versah das Amt des Siegrists. Wenn am Kirchweihtag im September und am St. Andreastag die Gläubigen heranströmten, Gott zu dienen und Gaben darzubringen, saß der Zunftvorstand in corpore beim Opferstock. Das an diesen und andern Tagen hier in den Stock oder in St. Wendelins Büchse fallende Geld wurde bei der Zunft gebucht. Die Häupter der Zunft hießen nicht allein Leiher der Pfründe, sondern auch Pfleger Verwalter und Patrone der Kapelle selbst; der Unterhalt dieses Gebäudes wurde durch die Zunft bestritten. Geldgeschäfte der Kapelle wurden durch die Zunft abgeschlossen.

So rückte die St. Andreaskapelle aus der Gewalt ihres Eigentümers, des Petersstiftes, fort und wurde zu einer Angelegenheit der Safranherren. Zur speziellen Kultstätte dieser Gesellschaftsschicht. Keine Kirche der Stadt zeigte so einheitlich und stark wie St. Andreas eine ganz bestimmte Bildung und Devotion. Mitten im Schmutz Lärm und Geschäftstreiben dieser Gassen gelegen sammelte die Kapelle deren Bewohner zur feierlichen Ruhe der Gottesdienste oder erschien ihnen, wenn sie in der Ferne und Fremde ihrem

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 673. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/152&oldid=- (Version vom 4.8.2020)