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gegebenen Verpflichtungen abzulösen, und in seiner Zusage, künftig keinen Andern als einen Domherrn zum Generalvikar zu machen. Von da an scheinen diese Kapitulationen Regel geworden zu sein; sie alle gingen darauf aus, dem Domkapitel einen Einfluß auf die Regierung des Bistums zu geben. Die Verpflichtung des Bischofs, ohne Zustimmung des Kapitels keine Abgabe vom Klerus zu fordern, die sich schon im Abkommen von 1261 findet, kehrt jetzt regelmäßig wieder; sodann die Zusage, die Schlösser des Hochstifts nur Ministerialen desselben anzuvertrauen und diese zu verpflichten, daß sie beim Tode des Bischofs die Schlösser dem Kapitel übergeben; weiterhin: ohne Konsens des Kapitels nichts zu veräußern und keine Lehen zu leihen. Die schwere Verschuldung des Hochstifts unter Johann von Vienne und Imer brachte in die folgenden Kapitulationen das Versprechen des Bischofs, diese alten Schulden nach Möglichkeit zu tilgen; im Eide Venningens endlich, 1458, kamen noch weitere Sicherungen von Rechten der Kanoniker auf Besitz auswärtiger Benefizien, Testierfreiheit u. dgl. hinzu. Allen Kapitulationen gemeinsam war die Verpflichtung des Bischofs auf Statuten und Gewohnheiten des Hochstifts.

Das Rechtsverhältnis zwischen Bischof und Kapitel, das in diesen Abreden formuliert ist, lebt auch in der tatsächlichen Übung. Regel ist, daß Bündnisse Zoll- und Steuerbefreiungen Verleihungen von Ämtern des Konsenses nicht bedürfen, Geldaufnahmen dagegen und Verpfändungen oder Veräußerungen von Rechten Ämtern und Gütern der Kirche nicht ohne den Konsens geschehen. Dieser „gibt dem Schuldvertrag den öffentlich-rechtlichen Charakter und die Stätigkeit des Staatskredites“. Natürlich fehlen nicht Abweichungen und Ausnahmen; aber im Ganzen handelt es sich um eine Entwickelung zu Gunsten des Kapitels. Seit dem Episkopat Imers wird es regelmäßig bei allen Veräußerungen und Verpfändungen zur Konsentierung beigezogen; und überdies wächst der Bereich seines Konsensrechtes. Für Lehenverleihungen wurde der Konsens zuerst in der Kapitulation von 1393 einbedungen; wir finden ihn in der Folge fast regelmäßig. Auch bei Inkorporationen von Pfarreien in Klöster, die im XIV. Jahrhundert frei durch den Bischof verfügt worden waren, trat im XV. Jahrhundert die Einwilligung des Kapitels hinzu. Ebenso bei der Erteilung von Privilegien an die Landstädte seit der Mitte des XIV. Jahrhunderts.

Aber zu beachten ist, daß dieser Ausdehnung der Konsensbefugnis und der ihr entsprechenden Ausgestaltung der Wahlkapitulationen eine Verminderung der Funktionen des Domkapitels als Ratskollegium parallel geht. Diese Funktionen werden durch einzelne consiliarii und durch Beamte aufgenommen,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 647. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/126&oldid=- (Version vom 4.8.2020)