Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,1.pdf/417

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

er „leibzünftig“, hatte er persönlich „hoch und nieder zu dienen“, zu wachen und zu reisen. Bei der andern Zunft diente er nur mit dem Gelde, entrichtete das Wachtgeld und einen Anteil an die Kriegskosten der Zunft, war „geldzünftig“.


Das Wesen der Zunft erhielt seine Weihe und Verherrlichung, über politisches Wirken, gewerbliche Notwendigkeit, geselliges Behagen hinaus durch Beziehungen zur Kirche, die so alt waren wie die Zunft selbst.

Die früheste Zeit zeigt uns eine beinah ausgeglichene Einheit. Der Verband, der die Gewerbsleute für den Betrieb ihres Berufes umschloß, erscheint auch als organisiert für kirchliche Betätigung, gemeinsame Andacht. Es war dies keine Notwendigkeit, aber es lag nahe, war der Zeit gemäß; wenige dieser Gewerbe werden unterlassen haben, ihre Arbeit solchergestalt unter den Segen der Kirche zu stellen. So war der gewerbliche Verband meist zugleich Bruderschaft Fraternität und hieß in dieser Eigenschaft Zunft. Er stiftete als solche einen Leuchter ins Münster zu Ehren der Jungfrau Maria und sorgte für dessen Bezündung; auch die letzte Ehrung gestorbener Brüder, das Geleit zum Grabe und die Begehung der Jahrzeit, gehörte zur Bruderschaft.

Wie der Verband durch eine Abrede, das Condict, sich eine Ordnung gab, der Bischof dies bestätigte und damit die Zunft im neuen Sinne gründete, ist bekannt. Die Eintrittsgebühren und die Bußen für Verletzung des Condicts wurden festgesetzt; ein Teil dieser Beträge sollte zur Unterhaltung des Lichtes im Münster dienen.

Die Zunftbriefe der Bischöfe Berthold und Heinrich von Neuenburg tun nun auch auf diesem Gebiet einen Schritt vorwärts. Der Begriff Zunft ist jetzt weltlich geworden. Die alte Einheit des Gewerbeverbandes und der Bruderschaft besteht nicht mehr, sondern eine Ablösung ist geschehen. Die Zunft verwaltet, wie etwas von ihr Gesondertes, das „Almosen“ und bestreitet aus diesem das Licht im Münster und die Verrichtungen beim Tode von Zunftbrüdern. Dem entspricht, daß nun auch vom Beitritte Solcher zur Bruderschaft die Rede ist, die das Gewerbe nicht treiben.

Diese Entwickelung geht weiter, im Sinne immer stärkeren Überwiegens des Gewerblichen und Organisatorischen im Zunftbegriff und entsprechender Ausgestaltung der zwar in der Zunft enthaltenen, aber eigenem Zwecke dienenden Bruderschaft. Diese erhält nun auch einen eigenen Namen, sie heißt Seelzunft, als die Zunft nicht der Bürger, nicht der Gewerbetreibenden, sondern der Seelen. Gegen außen ist sie identisch mit der Zunft. Wenn

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/417&oldid=- (Version vom 10.11.2016)