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überall, wo es seine wahre Natur zeigte, zu Tage trat, regte sich auch alsbald und allenthalben, nur auf den ersten Ruf zur Gewalttat wartend, der mächtige und nie sterbende Widerwille der Rasse.

Daß sich die Juden 1394 einen Friedhof anlegten, zeigt allerdings ein Vertrauen auf Dauer ihrer Gemeinde. Aber sie wußten ja, wie unpopulär sie waren und blieben, wie vereinsamt inmitten des dichtesten Quartiers. Auf den Schutz des Rates war vielleicht nicht allzusehr zu bauen; denn seit der Regelung des Steuerverhältnisses durch Wenzel fühlte sich die Stadt am Gedeihen der Juden nicht mehr so interessiert wie vordem. Überdies fielen gerade in diese Jahre einige schwere Freveltaten von Juden, wie die Verführung eines Christenmädchens, Gengenbachs Tochter, 1394 und die Schmähung der heiligen Katharina 1396, und kurz darauf hörte man, daß zu Rappoltsweiler Juden wegen Vergiftung von Brunnen hingerichtet worden seien und auch ein Basler Jude, Schekan, zu dem Verbrechen geholfen habe.

Fassen wir dies Alles zusammen, so begreifen wir den plötzlichen Abschluß. Die Juden selbst entwichen; um ihr Leben besorgt, in Basel sich nicht sicher fühlend, suchten und fanden sie Schutz beim Herzog von Österreich; als der Basler Rat sie und ihre Habe zurückhalten zu können meinte, widerlegte dies der Herzog mit Berufung auf dasselbe Recht der Freizügigkeit, das der Rat schon so oft gegenüber Österreich zur Geltung gebracht hatte. Alle Juden schieden aus Basel, es war eine geschlossene Auswanderung der Gemeinde; zu Beginn des Novembers 1397 war Keiner von ihnen mehr hier zu sehen.

Was nun noch folgte, war die Liquidation des Immobiliarnachlasses, wobei König und Rat um die Synagoge und die Judenhäuser stritten und auch die Judenschaft selbst noch Ansprüche geltend zu machen vermochte; erst 1404 ging dieser Zank zu Ende.

Einziger Überlebender der Basler Judengemeinde war Meister Gutleben der Unentbehrliche, den der Rat im November 1398 wieder als Stadtarzt bestellte. Die Gemeinde selbst zerstreute sich in die Umgegend. Den Robin finden wir kurz darauf in Freiburg wieder; den Vivelman in Schaffhausen, dann in Dießenhofen, wo er 1401 unter der Anklage, den Mord eines Christenknaben angestiftet zu haben, verbrannt wurde.

So ist Basel seit Ende des XIV. Jahrhunderts frei von Juden. Werden sie hier betreten, so geschieht das nur für Momente; 1398 ist ihnen das Übernachten in Basel verboten, später der Eintritt in die Stadt an die Erteilung ausdrücklichen Geleites gebunden; zu Zeiten, selten, finden wir daher auch Juden das Stadtgericht beschäftigen. Das gewaltige Völkergemenge

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/394&oldid=- (Version vom 10.11.2016)