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habenden Ratspartei zu Liebe, zu Zeiten das Herkommen durch die Bestätigung der Wahl nichtadliger Bürgermeister oder der Wahl eines Bürgermeisters aus derselben Stube wie der Vorgänger gewesen.

Vom Oberstzunftmeister sagt die Handfeste kein Wort. Er war ursprünglich der Vorsteher der Zunftmeisterversammlung; auch dieses Amt hatte gemäß einer Vorschrift des Bischofs Peter Reich zwischen oberer und niederer Stube zu alternieren. Im Übrigen lag seine Besetzung im Ermessen des Bischofs, und dem Rate stand ein Vorschlag nicht zu. Mit welchen Mitteln aber Einzelne zu Zeiten in den Besitz des Amtes zu gelangen suchten, ist bei Anlaß des Rotberg-Ehrenfelsischen Handels gezeigt worden. Eine Besserung schien nur möglich, wenn der Rat selbst die Wahl in der Hand hatte. Er verlangte daher im Mai 1410 von Bischof Humbert die Einräumung dieser Befugnis, wurde aber abgewiesen. Humbert erklärte, sein Recht nicht preisgeben zu wollen, entsprach jedoch den Wünschen des Rates in der Person durch Ernennung eines Zünftlers. Damit war das Amt der Gemeinde geöffnet, und wenige Jahre später, 1424, gelang dem Rate die Erwerbung selbst. Er kaufte es von Bischof Johann, wiederkäufig, um zweitausend Gulden und stellte dann 1427 den Grundsatz fest, daß es abwechselnd aus Hoher Stube und Zünften besetzt werden sollte. Doch scheint das Amt nur kurze Zeit im Besitze der Stadt gewesen und schon durch Johann von Fleckenstein wieder gelöst worden zu sein. Wir sehen von da an wieder den Bischof wie vordem den Oberstzunftmeister wählen, ohne Vorschlag oder Vorwahl des Rates, und nur daran gebunden, daß er ihn aus dem Rate, abwechselnd von Achtbürgern und von Zünften, zu nehmen hatte. Bischof Caspar verletzte bekanntlich dieses Herkommen durch die Wahl Adam Walchs, und, um die Wiederholung solcher Ungebühr zu hindern, beschloß der Rat 1485, daß, wenn der Bischof je wieder einen Oberstzunftmeister gäbe, der nicht des Rates sei, Häupter und Räte ohne weiteres den Eid verweigern und hinweg gehen sollten.


Für die Ernennung der Häupter und Ratsherren nun galt das Gesetz einer Zeremonie, die in ihrer Feierlichkeit und kunstvollen Pracht das alte Basel durch Jahrhunderte begleitete, jährlich als der große Rhythmus des öffentlichen Lebens wiederkehrend. So unerschütterlich war ihre Macht, daß sie durch die Stadt, auch nachdem sich diese völlig vom Bischof losgesagt hatte, beibehalten wurde und, so vereinfacht entfärbt und ernüchtert sie auch war, die wichtigste Staatssolennität der alten Republik blieb bis an deren Ende.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/245&oldid=- (Version vom 1.8.2018)