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gar nicht in der Verurkundung, sondern in der Sache selbst; man behandelte den Umfang des Rates als eine Sache, die sich nach den Verhältnissen zu richten hatte.

Durch alle diese Schwankungen hindurch läßt sich mit einiger Sicherheit nur soviel erkennen, daß seit der Handfeste meistens vier Ritter und acht Burger den Rat bildeten. Dieses Verhältnis wurde später die dauernde Norm.

Dies der Rat. Aber wir fragen, ob nicht neben ihm auch die Gemeinde ein Wort gehabt und Rechte geübt habe. Dies ist in der Tat der Fall gewesen. Bei Verfügungen über die Allmend 1250 und 1260, beim Verkauf des Weinungeldes 1255/1261, beim Bündnis mit Straßburg 1261 wie bei der Geleitszusage an diese Stadt 1269, handelte neben Bürgermeister und Rat jeweilen die univseritas civium, die Gesamtheit der Bürger, die Gemeinde. Ihre Zustimmung war bei solchen Geschäften erforderlich. Sie bestand aus der Bürgerschaft im weitern Sinne, aus der zweiten Gemeinde, die neben den Burgensen herangewachsen war und vor allem die Handwerker umfaßte; aber schon war sie nicht mehr eine formlose Gesamtheit. Schon die früheste der genannten Urkunden, die Allmendurkunde von 1250, zeigt die Gemeinde gegliedert in Gewerkschaften; sie tritt auf in einzelnen Gruppen von coartifices. Das sind die Zünfte, zum Teil schon fertig ausgebildet, zum Teil vielleicht noch auf einer Vorstufe stehend.

Diese Gliederung bildet sich dann aus zu einer organisierten Repräsentanz der Gemeinde. Das sind die Zunftmeister insgemein, ist das Zunftmeisterkolleg. Es scheint zunächst für Schlichtung von Streitigkeiten zwischen verschiedenen Zünften zuständig gewesen zu sein. Aber bei allgemein verbindlichen und wichtigen Vorgängen, gleich den oben genannten, tritt es neben dem ordentlichen Rate mithandelnd auf, so 1272 bei der Gutschrift für Bischof Heinrich, so 1289 beim Verkauf eines der Stadt gehörenden Hauses.

Während kurzer Zeit wurden diese Vertreter der Zünfte in den Rat selbst hineingezogen durch Heinrich von Neuenburg. Schon seine Handfeste scheint den Grundsatz ausgesprochen zu haben, daß die Kieser den Rat wählen sollten von Rittern und von Burgern und von den Handwerkern; und dem entspricht, daß in seiner Handfeste für Kleinbasel neben vier „rittern von dem rate“ und acht „dez rates von den burgern“, fünfzehn „dez rates von den zünften“ stehen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)