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Ihm hatte notwendig voranzugehen das zu Recht Erkennen des Schiedsgerichtes. Aber jetzt schon war es ernste Pflicht beider Regierungen, ihre Völker wieder an ruhiges Nebeneinanderleben zu gewöhnen. Ringsum im Lande ließ die Herrschaft ausrufen, daß man den Baslern Zucht und Ehre erbieten solle; das gleiche Gebot verkündete hier der Rat. Er untersagte das Tragen der Abzeichen, deren man sich zur Herausforderung und Verhöhnung des Gegners zu bedienen liebte, der Kuhschwänze, der Pfauen-und Straußenfedern. Aber unmöglich konnte er Haß in Liebe wandeln, die Erinnerungen an das Geschehene aus den Gemütern tilgen. Kein Befehl war im Stande, angeborne Wortfertigkeit und Spottlust zu hemmen. Hinter den französischen Dienern des Konzilspräsidenten sprangen auf dem Münsterplatze die Knaben her und höhnten: „Schinder! Schinder!“ Oder sie kamen gegen einander mit den Schlachtrufen: „Hie Oesterreich, Hie Switz!“, warfen Fähnlein auf und spielten den Krieg der Alten, bis auch bei ihnen aus dem Scherz zuletzt Ernst wurde. Bei den Tänzen der Jugend hörte man noch immer Lieder „bede teil berürende“ und schallten noch immer „wunderliche worte“.

Der gesamte Hader mußte nun in die Form eines Prozesses gefügt und dem Schiedsgerichte vorgelegt werden. Beiderseits sammelte man seine Materialien, seine Forderungen und Beweistitel; nie haben die großen Basler Notare jener Zeit, Johann Friedrich von Münderstat, Konrad Guntfried, Johann Friedrich Winterlinger und des Bischofs Sekretär Wunnebald Heidelbeck so viel schreiben, so viel Kundschaften aufnehmen und Instrumente verfertigen müssen als im Herbst 1446.


Während sich so die Parteien rüsten, haben auch wir Muße zu einem zusammenfassenden Rückblick.

Im allgemeinen dauerte der Zustand kriegerischer Rüstung der Stadt, der im Armagnakenjahr geschaffen worden war, in der Zeit des österreichischen Krieges einfach weiter. Nur wenige Einzelheiten sind hier noch zu nennen.

Vorerst die Scharen der Geflüchteten mit ihren Familien und ihrem Hab und Gut, die Dorfleute, über deren unziemliches Betragen und Reden Brüglinger, der eingesessene Handwerker, so bitter klagt. Wie viele ihrer waren, erfahren wir nicht; nur gelegentlich sehen wir, daß z. B. im Peterskirchspiel hundertvierundsiebzig solcher Familien zur Steuer herangezogen wurden. Unter allen Umständen war ihre Anwesenheit eine Last und Sorge für die Stadt, und man sah sie, als Friede war, gerne von dannen ziehn. Als aber Peter von Mörsberg die Flüchtlinge seiner Herrschaft, die jetzt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 587. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/606&oldid=- (Version vom 1.8.2018)