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Eidgenossen noch jenseits des Flusses, brachte ihnen Warnung und Absage Basels. Er ward von den wild Erregten, Vorwärtsdrängenden erschlagen!

Unterdessen saß der Rat; von draußen, von den Türmen und Mauern kamen Botschaften. Und bald lief durch alle Gassen das Geschrei: die Eidgenossen stehen im Streit, sie schlagen sich mit den Schindern draußen bei St. Jakob. Da wartete die Bürgerschaft die Sturmzeichen nicht ab; sie waffnete sich zum Auszug; von allen Seiten strömte sie auf dem Markte zusammen. Die Söldner hielten im Hofe des Rathauses, unten an der zum Saal hinaufführenden Treppe, auf Befehle wartend. Bei ihnen stand auch der Vorfähnrich, einer aus der Metzgerzunft; der Bannerherr, der oben in der Ratsstube war, hatte ihm für die Dauer der Sitzung das Stadtbanner in Hut gegeben. Unruhig wogten die Zünfte auf dem dichtgefüllten Marktplatze hin und her, schauten ungeduldig zu den Fenstern der Ratsstube hinauf, forderten laut den Auszug. Sie schlugen klirrend die Waffen aneinander, ihre Banner wehten zwischen den Spießen.

Die Lage des Rates war eine schwierige. Wenn auch die Opposition der österreichisch gesinnten Minorität in dieser gefährlichen Stunde nicht laut werden mochte, so lag den Herrschenden die Entschließung darum nicht leichter. Sie hatten Kunde von der Größe des feindlichen Heeres; sie wußten, wie nahe es den Mauern stand; Warnungen wegen eines Angriffs auf die Stadt hatten nicht gefehlt. Nun aber der Ruf der Eidgenossen von heute früh, und jetzt die Gewißheit, daß trotz der Ablehnung und Warnung Basels der Kampf mit dem Feinde diesseits der Birs entbrannt war. Und auch die eigenen Leute stritten dort an der Seite der Eidgenossen.

Die mächtigsten Forderungen und Rücksichten legten sich in die Wagschalen: Bundesgenossenschaft, Drang zu helfen, Wagemut, Gebot der Selbsterhaltung, die Verpflichtung gegen das Konzil, die Ehre der Stadt, aber auch ihre Freiheit und ihr Bestand. Unschlüssig saß der Rat. Die Meinung, nicht auszuziehen, schien die Oberhand zu gewinnen. Da scholl wilder, tausendstimmiger Lärm herauf. Immer mehr war die Ungeduld der Menge gewachsen, immer stürmischer das Verlangen geworden, die Eidgenossen nicht allein zu lassen; der Anblick einiger Verwundeten, die jetzt hereingebracht wurden, blutend, erschöpft, ließ Wut und Mitgefühl aufflammen. Der Fähnrich, der selbst zu ziehen brannte, trat aus dem Rathaus und hob das ihm anvertraute Banner hoch in die Morgenluft: „Her zu mir, wer ein Basler ist“ rief er laut über die brausende Menge hin, und Alles drängte ihm zu.

Die im Rate soeben noch für Zuhausbleiben geredet hatten, fanden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 558. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/577&oldid=- (Version vom 1.8.2018)