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der stärkere zu sein; die äußere Ummauerung würde einer harten Belagerung kaum widerstehen können.

Draußen aber, rings um die Stadt zwischen Hügeln und dunkeln Wäldern, zieht sich die Ebene, zum Teil reich bebaut mit Gärten, Rebgeländen. Wiesen, Saatfeldern, zum Teil Weideland und Wildnis. Noch sah man hier alle die Hecken und Gartenhäuslein sich erheben, die nach wenigen Jahren schon, bei der Armagnakengefahr, geopfert werden mußten. Hier prangten auch in den sonnigeren Lagen die Safranfelder, für Spanier und Italiener eine schöne Erinnerung an die Heimat.

Diese Stadt, inmitten der Weite ein scharf abgegrenzter Häuserhaufen, viel kleiner als heute, war nun der Ort einer seitdem nie mehr in solchem Maße gewesenen Verkehrssteigerung. Das Zusammenströmen dieser Menschen aus allen Teilen der Welt, ihr fremdartiges Treiben, ihre Behandlung der höchsten Fragen, alles dies auf dem einen kleinen Punkte, gibt ein Bild von ergreifender Art. Der Kontrast zwischen dem normalen städtischen Leben, das diese Räume sich geschaffen hatte und erfüllte, und dem jetzt sich hier zusammendrängenden neuen, völlig internationalen Leben ist nicht groß genug zu denken.

Denn dieses Konzil war eine Versammlung, die ihres Gleichen nicht hatte. Sie stand unter der erhabenen Idee unmittelbarer Leitung durch den heiligen Geist. Und wie groß und kühn lautete nicht ihr Programm: die Häresie auszurotten, die Sitten des kirchlichen Standes zu erneuern, dem christlichen Volke wieder den Frieden zu geben. Ein Konzil war in der Tat dazu angetan, „die ganze Kirche zu erschüttern.“


Die Geschäfte und Pflichten, die nun dem Rat erwuchsen, waren meist neuer Art, und an Hemmungen wird es wenigstens zu Beginn nicht gefehlt haben. Das Ganze war eine Sache schwerer Verantwortung und überdies eine außerordentliche Belastung der städtischen Finanzen. Hiezu kam das Unzählbare, wodurch auch der Einzelne in Anspruch genommen wurde.

Aber die Stadt war seit 1424 von dem Plane des Konzils verständigt und konnte sich vorbereiten. Sie konnte insbesondere in Konstanz alle nötige Information holen; daß sie dies tat, zeigt die im Konzilienbuch des Rates eingetragene Darlegung über den Betrieb jenes Konzils.

Den Obliegenheiten gegenüber standen die gewaltigen Vorteile wirtschaftlicher Natur, die der Stadt aus der Anwesenheit des Konzils erwuchsen, und an die man in Basel natürlich sofort, und vielleicht mit Ueberschätzung, dachte, sowie die zur Zeit gar nicht zu ermessenden geistigen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 483. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/502&oldid=- (Version vom 1.8.2018)