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Es war ein Repressalienverfahren, das Sigmund auch auf anderem Gebiet, den Venetianern gegenüber, anzuwenden liebte. Ein Preisgeben und Schutzloserklären von Reiches wegen. Die Zeit und ihre Art von Rechtsgefühl und Rechtsübung wird dadurch aufs deutlichste illustriert, insbesondere aber auch die Lage bezeichnet, in der Handel und Verkehr und Speditionsgeschäft sich damals befanden.

Die Verfügung Sigmunds kam durch die Basler sofort in Anwendung und wurde schon bald ausgedehnt auf holländisches und brabäntisches Gut überhaupt. Schreiberlein erscheint dabei immer als der Tätige, als der Führer der Basler. Dem Utrechter Handelsherrn Michel Lütpart genannt mit der Schrammen legt er Arrest auf sein Gut zu Basel, weil die Stadt Utrecht bei der Nahme mitgewirkt habe; dann aber greift er weiter, nimmt den Kaufmann Andreas Bott von Dordrecht gefangen und läßt ihn nur auf Urfehde wieder frei; den Cornelis Stoit von Tollen und den Thoman Lausens von Delft, die auf der Pilgerfahrt nach St. Jago in die Nähe Basels kommen, überfällt er und nimmt ihnen ihr Zehrgeld, ihre Pferde und alle Habe.

Es war ein anerkannter Zustand, gegen den auch der Rat von Basel von Rechtswegen nichts tun konnte. Als sich der Herzog Johann von Brabant bei ihm über die Gewalttaten des Schreiberlein und seiner Genossen beschwerte, antwortete er kühl, daß es sich um erteilte Rechte handle, gegen die er seinerseits nichts vermöge; der Herzog wolle sich an den König wenden. Und als Bartolommeo Givoldi von Como, Lagerherr zu Antwerpen, eine Fuhre mit Wollenballen durch Basel nach Lamparten schicken wollte, erlangte er nur auf Fürsprache der Räte von Straßburg und Basel, daß Schreiberlein versprach, die Ballen unbehelligt passieren zu lassen.

Diese Angaben können genügen. Der ganze Handel zog sich noch jahrelang hinaus. Als Schreiberlein und seine Teilhaber im Lande des Markgrafen Bernhard über Brabanter Kaufleute herfielen, ihnen Waren im Wert von angeblich zehntausend Gulden abnahmen und von den Gefangenen überdies ein Lösegeld von zwanzigtausend französischen Kronen verlangten, schritt Bernhard ein, und auf sein Begehren widerrief König Sigmund im Februar 1422 die den Baslern erteilte Erlaubnis. Aber im Oktober gleichen Jahres schon folgte eine neue Maßregel: auf Klage der Basler verhängte Sigmund die Reichsacht über die Städte Brüssel, Löwen, Antwerpen, Breda, Leyden, Rotterdam usw. Und was dies in der Praxis bedeuten konnte, zeigen Verhandlungen vor den Schöffen in Köln, Dezember 1423, woselbst Einer der Basler Compagnie, Elias von der Ziel, die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/480&oldid=- (Version vom 1.8.2018)