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bei Anlaß seiner ersten Aufstellung im Jahre 1385 bezeichnet worden. Aber die ihm jetzt gegebene Orderung weicht von der damaligen nicht unwesentlich ab. Es ist jetzt in Bezug auf Wählbare und Wähler rein auf die Zünfte basiert. Nicht das Mißtrauen gegen die Lehensmannen Oesterreichs, das 1385 gewaltet hatte, forderte jetzt das Ammeistertum, sondern der Unmut über die Geschlechter und deren Anmaßungen, der Wille die Bürgerschaft vor Unterdrückung und Ausbeutung zu sichern. Daher jetzt der Ammeister aus den Zünften und nur durch die Zunftmeister zu wählen ist, mit den Letztern zusammen die städtischen Angelegenheiten vorberät und die Stadtrechnung beaufsichtigt. Er ist kein Machthaber auf Kosten der beiden Häupter, aber eine Kontrollperson, die das Interesse der Gemeinde vertritt. Der Bürgermeister ist nach wie vor der Erste der Stadt; der Oberstzunftmeister behält den Vorsitz bei Meistergebotten in Zunftsachen.

In solcher Weise sollte den Zünften ein direkter Einfluß auf das öffentliche Wesen gegeben werden, Mißbrauch und Mißtrauen beseitigt werden. Wiederholt bezeugt der Rat, daß das Amt eingesetzt worden sei um Friedens und Einhelligkeit willen unter uns Allen, Armen und Reichen, Edeln und Unedeln.

Diese Wirkung scheint es zunächst auch gehabt zu haben, bis sich doch die Geschlechter ermannten und den Zünften auf ihre Neuerung eine Antwort gaben. Sie ließen sich nicht auf langen Streit ein; sie verloren sich nicht in Klagen bei der oder jener Instanz. Aber sie verließen die Stadt, mit der Erklärung, nicht wieder zurückkehren zu wollen, ehe man ihnen die unverkümmerte Geltung ihres alten Rechtes und Herkommens zusichere. Im Februar 1414 zogen sie davon und wandten sich auf österreichisches Gebiet, nach Rheinfelden; von dort schickten sie dem Rat ihre Briefe, in denen sie das Bürgerrecht aufgaben. Außer einigen Edeln, von Ramstein, Reich, zu Rhein, von Eptingen, waren es die im Rate sitzenden Achtburger Hug zer Sonnen, Jakob Fröwler, Konrad Sinz, die Brüder Hans und Dietrich Sürlin, Konrad und Hüglin von Laufen, Lienhard Schönkind, Hans und Friedrich Schilling, Heinrich Iselin; ferner Franz Wider, Konrad und Heinrich von Efringen; endlich einige reiche Zunftherren wie die Brüder Heinzman und Claus Murer, Henman Tribock, Hans Billung u. A.

Dieser Gesamtaustritt war ein Vorgang unerhörter Art. Auch Straßburg erlebte ihn einige Jahre später. Aber das Schöne ist, im Vergleich mit den widrigen Zänkereien der letzten Jahre, wie hier das stolze Gefühl des Standes Alle zusammenschließt.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/371&oldid=- (Version vom 1.8.2018)