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für die Rechte der Kirche streitend verlangte er, von diesen Bürgern sans fois et sans loi wegzukommen und ein ruhigeres Bistum zu erhalten. Der Papst gab ihm Basel; aber hier fand er die Ruhe vollends nicht.

Er kam aus großen Verhältnissen; er hatte das Vorurteil des Fremdseins gegen sich; und nun riß ihn, als er diese Stadt und ihre Selbständigkeit vor sich fand, sein heißes Temperament viel weiter fort, als er anderwärts, in Besançon und in Metz, je gegangen war. Er beging den großen Fehler, sofort, ohne Kenntnis von Land und Leuten, von Recht und Gewohnheit, dreinzufahren. Er gab sich Blößen und verdarb damit von Anbeginn seine Position. Namentlich auch dem Domkapitel gegenüber, wo er seinem Neffen Johann von Vienne trotz den Ansprüchen des Heinrich von Hohenstein die Propstei verschafft, und das gerade damals eine Reihe energischer eigenwilliger Figuren aufweist: den Archidiakon Schaler, der mit dem Bischof Krieg führt, die Münche, den auch in Straßburg mächtigen Thesaurar Rudolf Fröwler. Dazu kamen die Lasten, die das Bistum von seinen Vorgängern her trug, und die Händel aller Art mit großen und kleinen Machthabern, in die er sich allzurasch einließ. Sein offizieller Biograph sagt, daß er die gute Absicht möge gehabt haben, die entfremdeten Güter und Herrschaften des Bistums wiederzuerlangen; aber er habe sich in der Rechnung geirrt, indem er das Entfremdete nicht gewann und das, was er noch hatte, verlor. Sein Verhängnis aber war Oesterreich. Denn dieses, das von vornherein kein starkes Hochstift Basel wollte, bediente sich jeder Schwäche und jedes Streites dieses Bischofs zum eigenen Vorteil. Bischof Johann wurde das Werkzeug Leopolds.

Ueber dem allem ging er unter. Sein Episkopat ist charakterisiert durch sein vom Domkapitel aufgestelltes Sündenregister und durch die ausführliche Beschwerdeschrift, die der Rat der Stadt gegen seine Schädigung des Hochstifts beim päpstlichen Stuhle eingab. Auch unbeteiligten Zeitgenossen erschien er als ein Verderber des Bistums. In der Geschichte der Stadt Basel hat er die Bedeutung eines erbitterten, aber ungeschickt und sieglos kämpfenden Gegners; das Letzte, was er erleben mußte, war der Eintritt der Zunftmeister in den Rat. Auch im Tode war er der Stadt entfremdeter als irgend einer der alten Bischöfe; der Einzige unter diesen, der im Bistum, aber nicht in der Kathedrale sein Grab fand. Er wurde zu St. Michael in Pruntrut bestattet.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/320&oldid=- (Version vom 1.8.2018)