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Das Verhältnis war hier ein anderes. Es handelte sich vorerst nur um einen Konflikt zwischen Domkapitel und Papst. Hartung Münch war seit jeher Parteigänger Oesterreichs gewesen, und seine Wahl konnte unmöglich als Bezeugung einer Parteinahme für Ludwig gelten.

Aber nun trat eine Aenderung ein. Hartung fand keineswegs eine Unterstützung an den Herzogen von Oesterreich; sie ließen ihn fallen und erklärten sich für Johann von Chalon. Ihre Stellung zum Papste nötigte sie hiezu, und im besondern noch bestimmte sie die Weigerung Hartungs, dem Herzog Albrecht die Investitur des Pfirter Lehens zu geben.

So waren nun die Parteien gestellt, und der Streit brach aus. Denn Hartung wich dem Papste durchaus nicht, er regierte als Bischof von Basel mit großem Anhange; aber da auch sein Gegner nicht nachgab und die österreichischen Herzoge zur Seite hatte, so kam es zum Kriege. Wir kennen dessen Verlauf im einzelnen nicht; wir hören von den mit Hartung verbündeten Herren und Städten, von der Erstürmung mehrerer Schlösser durch Johann von Chalon, von der Tötung und Verstümmelung von Menschen, dem Niederbrennen von Häusern, von der Verwüstung des Landes, die so groß war, daß allein das Kloster Lützel einen Schaden von zweitausend Pfunden erlitt. Hartung hatte sich von Anbeginn in den Besitz der bischöflichen Schlösser gesetzt; Johann weilte außerhalb des Bistums, in Neuenburg am See, mit Domherren, die ihm der Papst beigab. Vom Kapitel Gerhards war der Dompropst Otto von Avenches zu ihm übergegangen; aber dieser wurde durch Gerhard von Arberg eingefangen und in Haft gehalten. Seit Herzog Leopold gestorben (28. Februar 1326), hatte Johann als Helfer noch den Herzog Albrecht; er mußte diesem dafür zweitausendfünfhundert Mark Silbers verschreiben und ihm versprechen, ohne sein Einverständnis keinen Frieden mit Hartung zu machen. Einen Bund dagegen schloß er nicht mit ihm; einen solchen wollte er erst eingehen, wenn er seiner Herrschaft über die Bürger von Basel sicher war.

Wir machen uns die Vorstellung dieses Streites erst dann zu einer vollständigen, wenn wir auch nach dem lauten Kampfe hinhören, den der Papst Johann auf seine Weise von Avignon aus führt: in umfangreichen, zornig redigierten Schriftstücken verkündet er die Ungültigkeit der Wahl Hartungs, ladet diesen vor den päpstlichen Stuhl, fordert von dem Bisuntiner Erzbischof Rechenschaft darüber, daß er den „Eindringling“ bestätigt habe, verhängt Bann und Interdict, ruft die österreichischen Herzoge zur Unterstützung Johanns auf; der Letztere erhält, da ihm sein Bistum vorenthalten wird, allerhand Vergünstigungen; er darf seine Weihe verschieben,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/257&oldid=- (Version vom 1.8.2018)