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In solcher Weise war das Recht Kleinbasels gestaltet.

Als Centrum des öffentlichen Lebens galt der Brückeneingang. Hier befand sich eine Straßenkreuzung, die für Marktzwecke den Raum bieten konnte, da ein eigentlicher Marktplatz nicht vorhanden war. Hier stand die Niklauskapelle und ihr gegenüber, an der Ecke von Greifengasse und Unterer Rheingasse, das älteste Rathaus. Vor diesem waren die Fleischbänke, die Schol. In nächster Nähe dieses offiziellen Gebietes, meist auf altem St. Albanland, hatten die angesehenen Geschlechter, Knäblin, Vogt von Brombach, Senftelin, Fleisch, von Haltingen, von Embrach, ihre Häuser. Im Jahre 1289 verkauften Rat und Schultheiß ihr Rathaus an den Nachbar Peter Senftelin und erwarben als neues Rathaus das am Eingang der Rheinbrücke neben der Kapelle stehende Gebäude; an dieser Stelle blieb von da an das Kleinbasler Rathaus, später Richthaus genannt.

Von der Einwohnerschaft ist wenig zu sagen. Im Vergleiche mit Großbasel, dessen Rechtszustände nicht allein, sondern auch dessen Bewohner uns in überreich geformter Fülle entgegentreten, ist es hier eine recht kleine Welt, beschränkt im Umfang, einförmig in der Gestaltung.

Die Bevölkerung ist entstanden aus Bauern des Dorfes und aus den von links und rechts herkommenden Ansiedlern. Daher namentlich der Adel völlig fehlt. Neben den hier begüterten von Dachsfelden, Münch, Eptingen usw. ist er als angesessen nur vertreten durch das Geschlecht der Geisriebe, mit dem das zur selben Zeit einmal genannte Rittergeschlecht vom Obertor identisch gewesen zu sein scheint. Auch Kaufleute bedeutender Art sind hier nicht zu vermuten. Neben Krämerei und Landwirtschaft beschäftigte kleines Gewerbe die Einwohner. Bäcker, Müller, Schmiede, Keßler usw. saßen im Rate. Ebenso gehörten die Ziegler zu den Angesehenen. Ihr Gewerbe war eine Kleinbasler Spezialität; zwei Ziegelhöfe bestanden: der eine am obern Ende der Stadt, auf der heute Hatstätterhof genannten Liegenschaft, der andere an der Rheingasse (Nr. 61), und auf beiden wurde die Ziegelei durch die vielgenannte Familie von Hiltalingen betrieben. Böller, Lesser, Fleisch, Vogt von Brombach, Bögge, Reizo, Brotmeister, Senftelin, Sniz, von Embrach, von Wintersingen usw. hießen die Kleinbasler Familien, von denen in den Urkunden am meisten die Rede ist; aber auch der schöne Name Ermenrich begegnet uns unter ihnen, der gleich Elegast, ebenfalls einem Kleinbaslernamen, an die Welt der alten Heldensage anklingt. Daß diese Familien Eigen besaßen, ist aufs mannigfachste bezeugt. Und deutlich erwiesen auch das Vorhandensein unfreier Einwohner. Die Bestimmung des königlichen Privilegs von 1285 über

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/223&oldid=- (Version vom 1.8.2018)