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Leibe“ während das schwäbische lip das ganze Wesen, den Menschen geistig und leiblich bedeutet.

Die Neidharte 87. 88. 89. 89. sind sehr eigenthümlich, stehen uns aber in poetischer Hinsicht ziemlich fern, wegen so vieler persönlichen Beziehungen.

97. Vergleicht man dieß sonst recht poetisch aufgefaßte Lied mit 96, so sieht man wie doch eigentlich die Dichter oft die Sagen durch ein gewisses gemachtes Wesen verdarben.

(Der Schluß folgt).




Leben und Jahr.
Vier Elementarlieder.




IV.
Erde.
Winters Himmel.

Ueber den stillen See
          Schwimmen verwehete Blätter umher,
Leicht schwingt das Wellchen der Welle sie zu
Um Schilfs Halm finden sie endliche Ruh.
          Wie senkt’s die erblaßten Spitzen so schwer

5
     Und taucht in die Wogen sein letztes Weh!


Und immer mehr Blätter im Zirkelchen nieder
Sie fallen, flüsternd die Todtenlieder;
Da senken die Sterne die Nacht hernieder
Und tauchen aus Wolken die Strahlen-Glieder;

10
     Sie begraben die letzten blaßen Funken

     Die in den unruhigen Wellen versunken,
          Wo matt das letzte Leben sich regt,
          Bis im Eise todt es sich niederlegt.

Im Hause liegt die ganze Frucht des Lebens,

15
Von deren Halmen ’s Haus mit Treu gedecket.

Die Halme die die ird’sche Frucht des Lebens
Getragen, sind dem Himmel zugestrecket,
     Aus jedem Halm ein Sternlein aufgegangen,
     Des Hauses Dach vom Sternenkranz umfangen.

20
Im Hause einsam steht der Sarg,

     Die Lichter sind schon angezündet,
     Das Licht das an die Erd ihn bindet,
Es ist verlöscht, weil sie zu karg.

Der Schnee liegt über alles Feld,

25
     Deckt was sein Leben ausgesäet. -

     Im heißen Strahl es bald aufgehet
Wenn Frühling neu aufschlägt die Welt.

Das, was im Innern er gepflanzt,
     Im blauen Feld ist’s aufgegangen,

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     Wo drüben all wir hingelangen

Wo wir vom Wolkenlicht umtanzt.

So hat sich denn das Leben ganz geschlossen,
Der Anfang hat das Ende vorgedeutet,
Die Frucht, die in der Erde war verschlossen

35
Wuchs in das Licht, daß sie zum Himmel leitet.

     Das Grünen, Blühen, Reifen, Sinken
     Wieg, Lieb und Leben, Sarges still Versinken!

tn.




Frühlingsseufzer.




Lerche jubelt, Finke schlägt,
Herz, du auch so selig wieder?
Frisch der Quell sein Blut bewegt,
Herz, du auch so selig wieder?

5
Alles frische Blüthen trägt,

Herz! du auch so selig wieder?

O. H. Graf v. Loeben.




In Geschäften.




Plinsen den 16ten Januar 1806.

     Hochedler

Insonders hochzuehrender Hr. Jähne.

Der ich dado den 14ten dieses M. Ihnen von Herrn Handrich empfoler Freundschaft gegen mich Ihres gütigen Schreibens erhalten um einer mehren Correspondez mit einen rechtschaffenen Manne zu vertreten genehmige. Da Sie bittend Ihre Nachricht beschleunigend wünschten. So werde Ihnen von allen vorgeschriebenen Sorten, so viel nach möchlicher Eile zu beschäftigen suchen. Allein aber da in hiesiger Gegend mehrentheils die Hütten ausgegangen sind und mich um die großen Gläßer sehr bemühen zu müssen, werden Sie nicht ungütig nehmen dürfen, daß wenn es vieleicht sich von der Ihnen bestimmten Zeit fünf oder acht Tage späteren Ankunft geschehen sollte. Theils wäre es mir nicht um daß Verfertigung des Glases, sonder desto mehr der Witterung. Verspreche aber Ihnen hierdurch stetigst auf mich zu gründen. Man wird Ihnen nicht Mühe verschaffen, sondern vielmehr wird es mit der Bezahlung Zeit haben, bis ich mit vorgeschriebener Waare bei Herr Handrich Ankunft mache.

Empfiehlt sich Ew. Hochedelgebor. ergebenster Diener

Christian Stenhert.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_176.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)