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Verschiedene: Wünschelruthe


Kenntniß der Sprache vorausgesetzte) den rechten Sinn mit, und befreunde sich immer mehr und mehr mit dem Dichter, und vieles wird erhellt werden, wenigstens von dem Mondlichte der Ahndung, der einzigen Beleuchtung, die es vielleicht verträgt. - Dieß zur Einleitung für eine kleine Probe, die wir im Originale geben, weil die kleineren Gedichte nur wenigen zur Hand seyn werden, und in einer Uebersetzung, weil wir durch etwas Schlechtes gern etwas Besseres veranlassen möchten.


Good night, good rest. Ah! neither be my share:
She bade good night, that kept my rest away;
And daff’d me to a cabin hang’d with care,
To descant on the doubts of my decay.

5
     Farewel, quoth she, and come again to - morrow;

     Fare well I could not, for I supp’d with sorrow.

Yet at my parting sweetly did she smile,
In scorn or friendship, nill I construe whether.
May be, she joy’d to jest at my exile,

10
May be, again to make me wander thither. -

     Wander - a word for shadows like myself,
     As take the pain, but cannot pluck the pelf.


„Gut Nacht! Schlaf wohl!“ - Ach, fern von mir ist dieß;
     Sie bot mir gute Nacht, die mir die Ruh genommen,
Und mich hinab in eine Gruft verstieß,
     Zu brüten über mir, von Angst und Noth beklommen.

5
„Leb wohl, sprach sie, komm morgen wieder!“ - Ach, ihr wißt,

Wohl leben kann der nicht, des Gast der Kummer ist.

Doch, als ich schied, sah sie mir lächelnd nach.
     War’s Hohn? war’s Freundschaft? Wie soll ich den Blick verstehen?
Vielleicht geschah’s, zu spotten meiner Schmach;

10
     Vielleicht soll ich um sie noch länger irre gehen.

Ja, Irre gehn - dieß Wort steht einem Schatten an,
Der, stets umnsonst bemüht, den Schatz nie heben kann.

B.




Litteratur.




In Berlin bei F. Dümmler 1817 ist ein wörtlich treuer Abdruck der Trutznachtigall v. Friedrich Spee erschienen. Wir haben am Titelkupfer und der als Vorrede dienenden kurzen Lebensbeschreibung den Herausgeber erkannt und sagen nur mit dem Schlusse so vieler Volksbriefe in seiner Seele „meinen Namen will ich nicht nennen, wenn du mich lieb hast wirst du mich schon kennen.“ Viel über Spee zu sagen möchte unnöthig seyn, denen die ihn wahrhaft verehren und lesen ist es gleichgültig, und die andern werden doch nicht überzeugt, denn das ist das Wesen dieser frommen unschuldigen, sich ganz hingebenden, ungekünstelten Poesie, daß sie nur geliebt und dann verstanden, oder unverstanden und verachtet werden kann. Es hat einen eignen Reiz einmal einen Menschen zu sehen, der sich in seiner frischen aber tiefen Natur völlig hingehen läßt; man hat hier bei weitem mehr das Gefühl des Unendlichen, Unmeßbaren eines einzelnen menschlichen Gemüths, während man bei denen, die durch Erlernung, Bildung und Kunst ihre Talente möglichst ausgebildet haben, ihr Ganzes, und alles was sie nur immer leisten konnten, da sie von ihrem Zeitalter getragen und abhängig in ihm und durch dasselbe erkannt und gewürdigt werden, völlig übersieht. Diese sind wie Blüthen an einem Baume, deren Schönheit erst recht durch die Höhe, von wo sie leuchten, durch die Menge der Umgebungen, die Stärke des Baums sich hebt, während jene mehr einer einzelnen Blume gleichen, die unscheinender aber gestalteter, tiefer steht, aber wenn sie gefunden auch viel mehr die Lust erregt sie zu pflücken und sich ganz anzueignen. Es ist der oft ausgespochene Wunsch aller Dichter mit Andacht gelesen, gesungen zu werden, aber während sie das Wort nur vergleichend mit dem frommen Sinn desselben nahmen, ist es doch nur denen wahrhaft gelungen deren Lieder der Andacht der Religion selbst geweihet waren, denn das ist das wahre Verstehen, wenn wir in den Liedern selbst unsere Gedanken und Gefühle einhüllen, und wo geschieht das mehr als wo die andachtige Gemeinde all ihr Wünschen, Sehnen, Ahnden, Hoffen und Bitten in die Worte und Töne des Liedes einpflanzt, daß es aufwachse zu Gott und dann wie ein Baum mit dem milden Schatten des Trostes uns überschatte oder mit den goldenen Früchten der Erfüllung das bedürftige Herz erlabe. - Spees Lieder sind, mit wenigen Ausnahmen, nicht zu eigentlichen Kirchenliedern geworden. In den ersten 60 Jahren nach ihrer Entstehung häufig gelesen, wurden sie in den höheren Ständen bald vergessen, so daß sie selbst auf Bibliotheken selten geworden, und erhielten sich nur bei geringen Leuten, wie wir sie denn in mancher Bauernstube am Rhein gesehen, auch einzelne Lieder z. B. von den Eclogen auf fliegenden Blättern abgedruckt gefunden haben. Ihren poetischen Werth halten wir sehr hoch; Spee steht so einzeln im katholischen Deutschland, man kann fast sicher annehmen, daß er außer den katholischen Kirchengesängen, beinahe keine deutschen Gedichte gekannt hat, und doch ist er allen Dichtern seiner Zeit, Opitz und seiner Schule, an wahrhaft großartiger Naturanschauung, an tiefer Gluth, Andacht und Innigkeit, an Zartheit und Reinheit bei weitem überlegen, wiewohl diese ihm an vielseitiger Bildung, an Gedrungenheit, Maaß und Kunst vorgehen. Darum haben wir uns sehr gefreut ihn, nach mehreren vergeblichen Versuchen ihn umzubilden und zu modernisiren, hier in der ursprünglichen unveränderten Gestalt zu erhalten und äußern nur bei einer künftigen Ausgabe den Wunsch, daß der Herausgeber das Buch im katholischen Deutschland drucken lassen möge, und zwar mit recht großen alten Buchstaben wie ältere Gebetbücher, auch ohne den hübschen Umschlag, der ihm doch etwas ein kalenderartiges Ansehen giebt; alsdann kann es viel wohlfeiler werden, und dem gemeinen Mann zugänglicher, für den es sich mehr schickt, der es mehr liebt und versteht, als man glaubt.

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)