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Verschiedene: Wünschelruthe


     Sie hebet die Hände zu Bitt’ und Dank,

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Er recket die Arme zu frechem Umfang;

„O rette mich, Herr! vor Sünd’ und Schmach!“
Sie springt in die Tiefe, der Bruder ihr nach.

Gustav Schwab.




Bücheranzeigen.

Deutsches Theater. Herhausgegeben von Ludewig Tieck. Berlin 1817. Bd. 1. 2.

Der treffliche Dichter, der schon seit mehren Jahren gewohnt ist, dem Fremden den größten Theil seiner Muße zu widmen, übergibt uns hier ein Werk, das wir lange vermißt und am liebsten von ihm erwartet haben. Der Herausgeber des altenglischen Theaters, der tiefe Kenner Shakespeares gibt in dieser Sammlung, eine Geschichte des deutschen Theaters von seinen ersten Anfängen bis auf die neueste Zeit, in ihren Quellen, den Originalen selbst. Die Sammlung ist auf 6 Bände berechnet, überall wird nur das Characteristische, den Geist eines Zeitabschnitts am deutlichsten Bezeichnende ausgewählt und wieder abgedruckt werden. Die Geschichte des deutschen Theaters, des Jüngsten von Allen ist vorzüglich merkwürdig durch die vielseitigen, nach allen Richtungen gehenden Bestrebungen, die auf ein noch nicht erreichtes hohes Ziel hindeuten, und so immer noch den freudigsten Hoffnungen Raum lassen. Eben so merkwürdig ist die öftere Annäherung an dieses Ziel, die eben so oft durch rückgängige Bewegungen unterbrochen wurde – eine Erscheinung die unsre Schaubühne mit den meisten Zweigen unsrer Literatur theilt. Einem jedem Bande des Tieck’schen Werkes geht eine Einleitung voran, die Geschichte der Kunst, der einzelnen Stücke und ihrer Verfasser herührend, alles aus den Quellen, und überall einen herrlichen Schatz der treffendsten Urtheile und Bemerkungen, zu schöner Ganzheit vereinigt, darbietend. Inhalt. Band 1. Von 1450 – 1600. Fastnachtsspiele von Hans Rosenblüt dem Schnepperer[WS 1]. Hans Sachs. Jakob Ayrer. Englische Comödien und Tragödien gespielt in Deutschland um 1600. 1. Tragödie von Tito Andronico und der hoffährtigen Kayserin Band 2. Comödie von Fortunato und seinem Seckel und Wünschhütlein. Martin Opitzen Dafne. Andreas Gryphius Cardenio und Celinde (liegt Arnim’s Halle und Jerusalem zum Grunde) Trauerspiel. Horribilicribrifax deutsch Schertz-Spiel. Herr Peter Squentz. Schimpff-Spiel und Daniel Caspar von Lohensteins, Ibrahim Bassatrauerspiel.

hr.

In Berlin bei Nicolai ist erschienen Fr. Rassmann, Blumenlese südlicher Spiele im Garten deutschen Poesie. Dem Werkchen voran geht ein Bruchstück aus einer Anleitung zur Kenntniß der südlichen Reimkunst vom Grafen Loeben – welches das Wesen dieser eigenthümlich reizenden Reimverschlingungen – der gaya sciença unsrer Zeit – schön und bestimmt bezeichnet – zugleich die Klippen andeutet die unsre Dichter bei Ausübung dieser Kunst freilich nicht immer vermieden haben. Hoffentlich wird es dem freundlichen Dichter gefallen uns bald mit der ganzen Abhandlung zu beschenken. –

Ausgeschlossen von dieser Zusammenstellung mußten bleiben: die Sonnette, die Romanzen, die Triolette, denen der Sammler eigne Blumenlesen theils schon gewidmet theils bestimmt hat. Vieles Anmuthige und Ansprechende der neueren und neuesten Zeit; Glossen, Tenzonen, Ballaten, Madridgale, Lieder u. s. w. mehrentheils von gefeierten Dichtern finden wir hier. Besonders erfreulich ist uns die Zusammenbringung der verschiednen Glossen über Tieks holdes:

Liebe denkt in süßen Tönen etc.

gewesen. Wir müssen es Hrn. Rassmann Dank wissen, daß er die vielen lieblichen Blumen welche früher hier und dort zerstreut nur einzeln dem Einzelnen Genuß gewährten, zum Strauße hat winden wollen. Bei dem großen Vorrath welcher sich zur Auswahl darbot mußte auch Vorzüglicheres zurückgeschoben werden, es wird aber die Sammlung wohl nicht mit diesem Bändchen geschlossen seyn. – Ungern vermißten wir manches Aeltere, und gern hätten wir z. B. der einsam stehenden Sechstine von Opitz den zarten Blumenkranz von Flemming

O liebliche Wangen
Ihr macht mir Verlangen

zum Gefährten gegeben.

Da alle diese Dichtungen etwas characteristisch Unterscheidendes haben, nicht nur in der Form sondern im eigentlichsten Wesens – wir meinen besonders den südlichen Farbenglanz, und die Zierlichkeit – so können wir diese Sammlung füglich einem Nelcken oder Hyacinthen Flor vergleichen, und laden unsre Leser ein recht bald Herz und Sinne daran zu erquicken.

-t.




Druckfehler.

Nr. 24. S. 95 Sp. 2 Z. 19 v. u. st. grausamer schein l. grausam erscheint.
Nr. 24. S. 95 Sp. 2 Z. 2 v. u. st. des l. das.
Nr. 24. S. 96 Sp. 1 Z. 21 v. u. st. genügsam l. genugsam.
Nr. 24. S. 96 Sp. 1 Z. 5 v. u. st. nach Composition, ist zu setzen: der Goldgrund.
Nr. 24. S. 96 Sp. 2 Z. 3 v. u. st. Bertrano l. Bertram.

Nr. 24. S. 96 Sp. 2 Z. 2 v. u. st. in l. im.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schnepperen. Siehe Druckfehler S. 140
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)