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Verschiedene: Wünschelruthe


9.

Romanze von der Turteltaube und von der Nachtigall (p. 310).

Frische Quelle, frische Quelle,
     Frische Quelle, liebevoll,
Wohin alle Vöglein gehen
     Sich daraus zu schöpfen Trost,
Nicht jedoch die Turteltaube,
     Wittwe nun und schmerzenvoll. -
Eben dort vorbei ein schelmisch
     Nachtigallen-Männchen flog,
Seine Worte, die es sagte,
     Die sind des Verrathes voll:
Wenn du wohl es möchtest, Herrin,
     Wär’ ich gleich dein Diener schon. -
Fort, entweiche, Feind! von hinnen,
     Böß und falsch und trugesvoll,
Denn auf Wieß’, wo Blumen stehen,
     Noch auf grünem Ast ich wohn’;
Denn wo Wasser hell ich finde,
     Trink ich nur getrübt es doch,
Denn nicht Gatten will ich haben,
     Daß ich Kindlein nicht bekomm’,
Will mich nicht mit ihnen freuen,
     Will noch minder ein’gen Trost,
Laß mich traurig, Feind so böser,
     Falsch und böß und trugesvoll,
Denn ich mag nicht seyn dein Liebchen,
     Deine Gattin wen’ger noch!




Leben, Literatur und Kunst.




Zeitgenossen 9tes Heft. Wir hatten in unserm Blatte Nro. 7. die für dieses Heft der Zeitgenossen verheißene Lebensgeschichte der Frau von Stael von A. W. v. Schlegel berührt; diese ist ausgeblieben und an deren Stelle erscheint: „Ueber den Character und die Werke der Frau von Stael von K. J. Schütz.“ Brokhaus entschuldigt dabei weiter nichts, er, - ich will sagen die Redaktion ersucht bloß, diesen fachreichen Aufsatz als einen Vorläufer der umständlichen Biographie zu betrachten, die sie künftig von A. W. v. Schlegel zu liefern hoffe“ - Das diene uns dann bis dahin für unsere frühere wohlgemeinte Bemerkung. - Herrn Schütz werden viele Leser die genauere Nachweisung der sämtlichen Werke der Verehrten, auch mancher interessanten französischen Kritik derselben, verdanken; wir schätzen an seiner Arbeit auch, daß sie die Geschiedene ganz und von Herzen ehrt und lobt. Desto widrigern Eindrucks, überdem an dieser Stelle, ist aber der Reifende mit seiner ungeschickt wehmüthigen Vergleichung von Göthe's italienischen Briefen mit der Corinna; die schöne Sitte ungetrübter Verehrung Deutschlands für seinen größten Dichter hätte er von seinen Reisen wieder nach Haus bringen sollen!

Wir lenken noch zu einem andern Zeitgenossen, der allen Geschichten dieses Hefts vorsteht: „Aus dem Leben Heinrich von Krosigks, von Steffens.“ Von diesem wird kein Leser scheiden, ohne sich in seinen innersten Beziehungen bis in das feinste hinein belebt, getroffen, und ergänzt zu fühlen. Und alle antisentimentalen Richtungen der Zeit werden hier zunächst den Seegen ungeirrt männlicher Tugend, ja unerschütterlicher Individualität zu preisen finden, aber die historische Denkungsart wird dabey von dem bänglichen - gegen das Ende hin peinlichen Verhalten derselben zu der Gegenwart erschüttert werden müssen; es fühlt sich da, wo auch solche Kraft ihr nicht entgeht, die schmerzliche Wirkungslosigkeit des Einzelnen[WS 1], wie in den Kriegen, so auf das Leben unserer Tage im Großen überhaupt neu und zwiefach tief, denn dieses Streben erreicht wieder nicht die Größe der daran gesetzten herrlichen Natur, von der wir eben durch des edlen Freundes ihr gestiftetes Andenken die lebhafteste und beste Vorstellung erhalten. Diese wollen wir uns denn hier schließend bewahren, wie nahe uns grade auch die vergleichende Betrachtung verwandter Zustände aus anderer, mehr die Persönlichkeit begünstigender Zeit liegt. - Wer noch, eben dem Nro. 5. unseres Blattes ausgesprochenen Wunsch nach ausführlicher Mittheilung über die Schillschen, Oelsschen und Dörnbergischen Aufstände beygestimmt hat, dem wird hier, wenn nicht diese selbst, doch damit Verbundenes - die Hallischen Anregungen - erfüllend entgegen kommen; treffendere Züge aus den Zeiten dieser fremden Herrschaft, auch wie die Deutschen sie getragen, sind in dem Sinne nirgends geschrieben: das sind Westphälische Denkwürdigkeiten!

tn.




 Alte Räthsel.
 1.
Wo gehen die Gänse im Wasser?[WS 2]
 2.
Wann thun dem Hasen die Zähne weh?
 3.
Ich weiß ein Reich von vier Provinzen,
Ein jedes Land hat seine Prinzen,
Erst alles durch einander geht,
Bald jeder seinen Theil empfäht,
Dann geht es loß auf Schlag und Stechen,
Kein Fremder hat darein zu sprechen,
Da gilt kein Frommseyn gilt kein Recht,
Bald liegt der Prinz bald liegt der Knecht,
Auch kann die Frau den Mann wohl schlagen,
Steht alles nur auf Glück und Wagen,
Dieß Reich hat wenig reich gemacht,
Viel aber in Verderben bracht.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: im Einzelnen. Siehe Druckfehler S. 88.
  2. Vorlage: ins Wasser. Siehe Druckfehler S. 88.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_068.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)