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Verschiedene: Wünschelruthe

setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte: „hört ihr, kann ich mit sein?“ „Ja, wenn du Geld hast.“ „Geld genug, antwortete er, aber eure Kugeln sind nicht recht rund.“ Da nahm er sie, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. „Jetzt werden sie besser schüppeln, sprach er, heida! nun gehts lustig!“ Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als aber zwölf Uhr schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden, und er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen: „wie ist dirs diesmal gegangen?“ fragte er. „Ich hab gekegelt, antwortete er, und ein paar Heller verlohren.“ „Hat dir denn nicht gegruselt?“ „Ei was, sprach er, lustig hab ich mich gemacht, wenn ich nur wüßte, was das Gruseln wäre!“

In der dritten[WS 1] Nacht setzte er sich wieder auf seine Bank und sprach ganz verdrießlich: „wenn es mir nur gruselte!“ Als es spät ward, kamen sechs große Männer und brachten eine Todtenlade herein getragen. Da sprach er: „ha ha! das ist gewiß mein Vetterchen, das erst vor ein paar Tagen gestorben ist“ winkte mit dem Finger und rief: „komm, Vetterchen, komm!“ Sie stellten den Sarg auf die Erde, er aber ging hinzu und nahm den Deckel ab, da lag ein todter Mann darinn; er fühlte ihn ans Gesicht, aber es war kalt wie Eis. „Wart, sprach er, ich will dich ein bischen wärmen“ ging ans Feuer, wärmte seine Hand und legte sie ihm aufs Gesicht, aber der Todte blieb kalt. Nun nahm er ihn heraus, setzte sich ans Feuer und legte ihn auf seinen Schoos und rieb ihm die Arme, um ihn zu erwärmen. Als auch das nichts helfen wollte, dachte er: wenn zwei zusammen im Bett liegen, so wärmen sie sich, brachte ihn ins Bett, deckte ihn zu und legte sich neben ihn. Ueber ein Weilchen ward auch der Todte warm und fing an, sich zu regen. Da sprach der Junge: „siehst du, Vetterchen hätt ich dich nicht gewärmt!“ Der Todte aber hub an und rief: „jetzt will ich dich erwürgen.“ „Was, sagte er, ist das mein Dank? nun sollst du wieder in deinen Sarg“, hob ihn auf, warf ihn hinein und machte den Deckel zu; da kamen die sechs Männer und trugen ihn wieder fort. „Es will mir nicht gruseln, sagte er, hier lerne ichs mein Lebtag nicht.“

Da trat ein Mann herein, der war größer, als alle andere und sah fürchterlich aus, doch war er schon alt und hatte einen langen, weißen Bart, und sprach: „o du Wicht, nun sollst du bald lernen was gruseln ist, denn du sollst sterben.“ „Nicht so schnell, antwortete er, da muß ich auch dabei seyn.“ Sprach der Mann. „dich will ich schon packen!“ – „Nun sachte, mach dich nicht gar zu breit, so stark wie du bist bin ich auch, und wohl noch stärker.“ „Das will ich sehn, sprach der Alte, bist du stärker als ich, so will ich dich lassen, komm, wir wollens versuchen.“ Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, und nahm eine Axt und schlug den einen Ambos mit einem Schlag in die Erde. „Das kann ich noch besser,“ sprach der Junge und ging zu dem andern Ambos und der Alte stelle sich neben hin und wollte zusehn und sein weißer Bart hing herab. Da faßte der Junge die Axt und zerspaltete den Ambos auf einen Hieb und klemmte den Bart mit hinein. „Nun hab ich dich, sprach der Junge, jetzt ist das sterben an dir.“ Dann faßte er eine Eisenstange und schlug auf ihn los, bis der Alte wimmerte und bat er mögte aufhören, er wollte ihm große Reichthümer geben. Der Junge zog die Axt raus und ließ den Alten los, der führte ihn wieder ins Schloß zurück und zeigte ihm im Keller drei Kasten voll Gold. „Davon, sprach er, ist ein Theil den Armen, der andre dem Konig, der Dritte dein.“ Indem schlug es zwölfe und der Geist verschwand, also daß der Junge im Finstern stand. Ich werde mir doch heraus helfen können, sprach er, tappte herum, suchte den Weg in die Kammer und schlief bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte: „nun wirst du gelernt haben was gruseln ist.“ „Nein antwortete er, was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber das Gruseln hat mir keiner gelehrt.“ Der König sprach, „du hast das Schloß erlöst und sollst meine Tochter heirathen.“ „Das ist all recht gut, antwortete er, aber ich weiß immer noch nicht was gruseln ist.“

Da ward das Gold gehoben und die Hochzeit gehalten, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnügt er war, sagte doch immer: „wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte!“ Das verdroß sie endlich, ihr Kammermädchen sprach: „ich will Hülfe schaffen, das Gruseln soll er schon noch lernen.“ Und ging hinaus und ließ sich einen ganzen Eimer voll Grundlinge holen. Und Nachts als der junge König schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Grundlingen über ihn herschütten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief: „ach was gruselt mir, was gruselt mir! liebe Frau, ja nun weiß ich was gruseln ist.“


Kriegerspruch.

     Im Herzen schlicht und recht
Ein treuer Gottesknecht,
Im Leben froh und frei
Im Tod frisch ohne Scheu,

5
Ein gutes Schwert zur Hand,

Herzblut dem Vaterland,
Dem Frommen Hülfesarm:
Herr Gott, dich dann erbarm’
Und gieb, ist’s endlich ab,

10
Ein ehrlich Christengrab.
H.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: drittrn
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_016.jpg&oldid=- (Version vom 18.7.2020)