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Walther Kabel: Von Leuten, die im Gefängnis reich geworden sind. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 233–236

Fallen, die derart konstruiert waren, daß das Tier beim Hineinschlüpfen in die Falle durch einen starken elektrischen Strom getötet wurde. Nach verschiedenen mißglückten Versuchen hatte er endlich eine Falle hergestellt, die täuschend einem gewöhnlichen, halbgefüllten Schmalzfäßchen glich und von dem Instinkt der Ratten als Falle nicht erkannt werden konnte. In kurzer Zeit gelang es ihm mit einigen dieser Fallen – den notwendigen Strom lieferte die elektrische Beleuchtungsanlage des Gefängnisses – sämtlichen Nagern im Magazin den Garaus zu machen. Der dem Sträfling sehr wohlwollend gesinnte Direktor von Sing-Sing sorgte dann dafür, daß Rollins seine Erfindung patentamtlich schützen ließ, und Rollins wußte mit Hilfe eines Kapitalisten und einer großzügigen Reklame die Besitzer der am New Yorker Hafen gelegenen Speicher für seine Ratten- und Mäusevertilgungsmethode zu interessieren, setzte seine elektrischen, inzwischen noch mehr vervollkommneten Fallen in großen Mengen ab und wurde so in kurzer Zeit ein reicher Mann.

Noch interessanter ist die Geschichte des Lokomotivführers William Langfils, der im Jahre 1892 in Omaha in Nordamerika mit dem von ihm geführten Güterzuge aus Unachtsamkeit einem Schnellzug in die Seite fuhr, ein Eisenbahnunglück, das fünf Personen das Leben und Longfils zehn Jahre Kerker wegen fahrlässiger Tötung kostete. Auch der frühere Lokomotivführer wurde, da er sein Vergehen von ganzem Herzen bereute und sich nicht das geringste gegen die Hausordnung der Strafanstalt zuschulden kommen ließ, sehr bald in dem Maschinenraum des Gefängnisses in Omaha als Heizer beschäftigt. Hier schloß er mit ein paar Katzen, die das stets warme Maschinenhaus zu ihrem Lieblingsaufenthalt erkoren hatten, Freundschaft und begann ihnen, anfangs aus Langweile, einige Kunststücke beizubringen. Offenbar eignete sich der Sträfling hervorragend zum Dresseur, da er bereits nach einem Jahr seine Zöglinge so weit hatte, daß sie geradezu ans Wunderbare grenzende Exerzitien ausführten. Nachdem erst einmal Langfils‘ Ehrgeiz erwacht war, suchte er das Programm seiner vierbeinigen Künstlertruppe ständig durch neue

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Von Leuten, die im Gefängnis reich geworden sind. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 233–236. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_Leuten,_die_im_Gef%C3%A4ngnis_reich_geworden_sind.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)