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Gerade an einem Sonnabend fand ich die Blüthe der Talsenschen Bürgerschaft hier bey einem vollen Glase Bier versammelt, und zog mich nach dem Gastzimmer zurück, wohin mich jedoch die Sonnabendfeyer, die bald in Jubel, bald in Streit erscholl, verfolgte. Besonders zeichnete sich ein Schuhmachergesell aus, der in so rauhen Tönen, als jemals welche aus einer Kehle drangen, die schweren Pechdampf einathmete, gar nicht aufhörte Lieder zu singen und seine Reise auszuschreieen, bis endlich der starke Geist der genossenen Getränke das schwächere Phlogision des seinigen so niederschlug, daß von diesem keine Spur mehr übrig war, und er zum selbst gesungenen Wiegenliede einschlief. Ich führe indeß diesen hingesunkenen lustigen Schuster nur an, weil er mir Gelegenheit giebt, über ein unter den Bürgern Kurlands, oder wie man sie zu nennen pflegt, — Teutschen — gewöhnliches Vorurtheil zu sprechen, das wirklich der allgemeinen Industrie so nachtheilig ist, um die Wachsamkeit der Polizeyen aufzufordern. Die mehresten Handwerker nämlich behandeln

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/263&oldid=- (Version vom 14.2.2021)