Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/80

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Farbenschattierungen, vom intensiven Rot zum Grün oder Violett; aber das zu grelle Licht läßt die Einzelheiten nicht hervortreten. Beim Sonnenuntergang aber vereinigen sich all diese Farbentöne zu wunderschöner Harmonie und zeigen warme, entzückende Schattierungen: es ist ein bengalisches Licht, dessen Kosten die Natur selbst bestreitet. In der ganzen Landschaft herrschte eine feierliche Stille , bloß lange Reihen von Kamelen durchzogen die weite Ebene, um ein Nachtlager zu gewinnen. In der Ferne hörte man den Schrei des Muezzin, der die Gläubigen des Propheten zum Gebete versammelte. Nach und nach schweigt alles. Der eine Bergesgipfel nach dem andern, umleuchtet von den letzten Strahlen des scheidenden Tageslichts, sinkt in den Schatten, und diesem wundervollen Schauspiel folgt der poetische Zauber einer orientalischen Nacht.

18. September.

Da die Mehrzahl der Reisenden sich sofort von Nakhitschewan nach Chol begab, hielt es für uns schwer, unsere Karawane zu organisieren, und vergeblich warteten wir den ganzen Tag auf Pferde.

Unsere Zeit verfloß in dem Anhören der Grobheiten des Postmeisters, der Eigentümer oder Verwalter des Khans war. Er war total betrunken und drängte sich stets zu unserm Zimmer, um angeblich unser Gepäck zu konfiszieren. Es wirkte ungemein komisch auf uns, zu sehen, mit welcher Achtung (oder Furcht) die Dienstboten dem brutalen Alten begegneten.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)