Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/373

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Schiffahrt auf diesem Flusse wurde von England zum großen Verdruß Rußlands eröffnet. Es ist dies ein politischer Vorteil, den John Bull über den russischen Bären davongetragen hat; aber in Hinsicht auf den Handel hat man die Wichtigkeit dieses Unternehmens anscheinend überschätzt. Zur Zeit unserer Anwesenheit konnten die Schiffe den Korun nur bis Ahwas, ungefähr 150 Meilen von Mohammereh hinauffahren. Frankreich hat seinen Vize Konsul von Basra nach Bender-Buschir versetzt, um den Handel auf dem Schatt und dem Karun gleichzeitig überwachen zu können, was nach meiner Ansicht ein Mißgriff war.[1]

Die kleine Stadt Mohammereh, die auf persischem Gebiete liegt, befindet sich eine kurze Strecke von unserem Aufenthalte entfernt. Hier wohnt der Agent von Britisch-Indien; dieser arme Kerl hat entsetzlich viel zu leiden von dem Fanatismus der schiitischen Einwohner. Sein Vorgänger konnte nicht einmal eine Wohnung bekommen und mußte sich in einem Stalle einquartieren. Für den jetzigen zeigte man etwas mehr Erbarmen und trat ihm ein Zimmer ab; aber niemand will ihm ein Haus verkaufen. Der Verkauf würde übrigens auch nicht anerkannt werden von dem Scheikh des Ortes, obgleich er dem Vernehmen nach gut gesinnt sein soll gegen die Engländer, und obwohl er schon sehr weit civilisiert ist, da er sich sogar einen Vergnügungsdampfer hält. Der Agent kann keine Ware berühren, ohne sie kaufen zu müssen, und jeder Muselman hält sich durch den Verkehr mit ihm für verunreinigt. Hier herrschen noch die alten Zustände, wie man sieht.

Bei Mohammereh teilt sich der Schatt in zwei Arme, wovon der westliche, auf dem wir unsere Fahrt fortsetzten, der bedeutendere ist. Der östliche Arm, Schatt-Behemschir, kann als zum Karun gehörend betrachtet werden. In jüngster Zeit angestellte Versuche scheinen das Ergebnis zu verzeichnen zu haben, daß die Schiffahrt auf ihm leichter möglich ist, als auf dem westlichen Arm.

Bei unserer Abfahrt von Mohammereh verschlimmerte sich das Wetter, und als wir am Abend in Fau Anker warfen, hatte sich der Wind in einen gehörigen Sturm verwandelt.

Am zweiten Februar überschritten wir auch die Sandbank, an der wir bei dem heftigen Sturm angelangt waren.

Wir waren somit im persischen Meerbusen. Mit Bezug auf den Titel des Buches kann ich hier von dem freundlichen Leser Abschied nehmen. Möge er durch das Lesen des Buches zu derselben Reise angeregt werden! Schwierigkeiten, Verdrießlichkeiten und Gefahren werden ihm dabei zwar so wenig wie uns erspart bleiben; aber die Erinnerung an die Reise ist angenehm, und die großartigen Panoramas der orientalischen Natur prägen sich in Geist und Herz tief ein. Einige in der Gesellschaft der Briganten zugebrachte Monate sind doch interessant und üben einen angenehmen Wechsel auf die Monotonie des civilisierten Lebens aus.

Beim Abschied aus dem Orient fühlte ich etwas Widerstrebendes in mir, das mich sagen ließ: Auf Wiedersehen!

Dreizehn Tage brauchten wir, um nach Bombay zu kommen, wo wir uns nicht weiter aufhalten wollten. Aber da wir einmal auf indischem Boden waren,

  1. Seit der Zeit ist Asfar zum Konsular-Agenten ernannt worden.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/373&oldid=- (Version vom 1.8.2018)