Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/348

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

P. Maria Joseph hielt seinen General beim Wort; arm wie Job, lieh er sich das notwendige Geld, um sich ein Kamel zu mieten, und trat in Begleitung eines Arabers die Reise nach Haleb durch die Wüste an. Als Lebensmittel hatte er nichts weiter als einen Schlauch Wasser und eine Tasche mit Datteln. Einmal hielten ihn Araber an, um ihn auszuplündern, doch rettete ihn seine Beredsamkeit. Ein anderes Mal gelang es ihm, die Stricke eines Zeltes zu erfassen, ehe ihn die Beduinen bemerkten; da er auf diese Weise ein Recht auf Gastfreundschaft erlangt hatte, gelang es ihm auch dieses Mal, sich aus der Affäre zu ziehen. Er gelangte nach Haleb und auch endlich nach Rom, wo sein General, erstaunt und bewegt über eine solche Kühnheit, endlich doch Leute für die Mission fand.[1]

Unter diesen Leuten befand sich auch ein alter Mediziner, P. Damian, der bald ein Stück Vorsehung für alle Leidende wurde. Es ist nichts rührender, als wenn man die Achtung sieht, die diesem demütigen Mönche erwiesen wird; jeden Tag steht eine lange Reihe Kranker an der Thüre des Konsultationssaales.

Das Kloster der Karmeliter ist in rein arabischem Stil aufgeführt; das Haus steht auf einer rechteckigen Grundlage, alle Zimmer münden auf einen innern Hof, der mit Palmbäumen bestanden ist. Das Ganze ist sehr einfach; die hölzernen Pfeiler, welche die um den Hof laufenden Galerien tragen, besitzen doch hübsche, arabische Kapitale; die Thüren und Fenster haben anmutige Einfassungen, die einzig und allein aus Ziegelsteinen bestehen, die nach geometrischen Zeichnungen angebracht sind.

Endlich hat das Kloster auch seine Serdabs. Der Serdab ist eine Eigentümlichkeit Baghdads. Im Sommer ist die trockene und deshalb gesunde Wärme oft geradezu schrecklich. Eben wegen der vollkommenen Trockenheit der Atmosphäre kann man ohne jedwede Vorsichtsmaßregel die Nacht auf den Terrassen zubringen. Im Tage kehrt man wieder in die Zimmer zurück. Aber da gegen zehn Uhr die Hitze schon wieder unerträglich zu werden beginnt, nimmt man dann schon gleich seine Zuflucht zum Serdab.

Dieser Serdab ist ein Gemach im Erdgeschoß, ein mehr oder weniger eleganter Keller. In einem gut eingerichteten Hause befinden sich zwei oder drei Serdabs, der eine tiefer liegend als der andere und infolgedessen auch kühler. Gegen zehn Uhr begeben sich alle Leute in den ersten Serdab. In dem Maße nun, wie die Hitze zunimmt, steigen die Leute auch in die tiefer liegenden Serdabs, bis sie gegen Abend in umgekehrter Weise wieder hinaufsteigen. Auf diese Weise läßt es sich im Sommer in Baghdad gut aushalten.

Die Serdabs der Karmeliter sind sehr schön; die Gewölbe sind an einer Stelle ganz eben, übrigens sehr flach und aus Ziegelsteinen errichtet, die elegante Rautenflächen bilden. Diese schwierige Arbeit wurde von Leuten errichtet, die auch nicht die geringste technische Kenntnis besaßen.

Die Kirche der Karmeliter, die zugleich auch die Kathedrale des Bischofs von Babylons sein muß, ist die schönste von Baghdad; auch sie ist das Werk des Paters[2]

  1. Seit unserer Reise ist Maria Joseph von Baghdad entfernt worden. Ich weiß die Ursache nicht genau, ich glaube aber ein Streit wegen eines Glockenturmes ist die Veranlassung gewesen.
  2. Gegenwärtig ist der Apostolische Delegierte von Mosul, Mgr. Altmeier, zu gleicher Zeit Bischof von Babylon.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/348&oldid=- (Version vom 1.8.2018)