Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/325

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ziemlich gut angelegt, da das Wasser stets abfließt. Einige Kranke, von denen die meisten an Hautkrankheiten litten, badeten im Augenblick unseres Besuches; das Thermometer zeigte 45° im Weiher. Wahrscheinlich ist die Temperatur der Quelle einige Grad höher; aber da die Zugänge zur Quelle sehr schlüpfrig waren, wollten wir uns nicht weiter darüber informieren, da wir keine Neigung zu einem unfreiwilligen Bade hatten.

Abreise 7 Uhr morgens.

Anderthalb Stunden, nachdem wir Hammam-’Ali verlassen hatten, überschritten wir ein leider halb ruiniertes Wehr, das sehr wahrscheinlich von den Assyriern herrührt.[1] Durch das sehr seichte Wasser müßte die Passage schwierig sein, und man könnte hier ganz leicht eine gute Zahl Schläuche zum Platzen bringen; jetzt aber ist die Reise nur mehr ein Kinderspiel, das durch die raschen Bewegungen noch angenehmer gemacht wird. Es ist eine Freude, pfeilschnell über das Wasser hinzurudern, dessen Gegenströmungen allerdings zuweilen das Holzwerk des Kelleks zum Krachen bringen.

Kalah (Nimrud).

Weiter entfernt in der Ebene erhebt sich eine regelmäßige Pyramide; es sind dies die Ruinen des alten Stufenturmes, des Zigurrat von Nimrud, der zweiten Hauptstadt der assyrischen Könige. Wir legten um 9¾ Uhr an und erreichten in einer halben Stunde den Schutthaufen von Nimrud, nachdem wir einige Minuten vom Flusse entfernt das gleichnamige Dorf durchschritten hatten.

Die erste assyrische Dynastie hatte in Kalaat-Scherkat (Ellassar) regiert; sie wurde ausgerottet, wahrscheinlich durch eine Verschwörung. Salmanassar II., einer der ersten Könige der neuen Dynastie, verlegte seine Hauptstadt nach Kalah oder Nimrud (ungefähr im Jahre 1000 vor Christus). Die Erinnerungen an die alten Könige, die überall durch die auf den Mauern des Palastes in Ellassar angebrachten Inschriften wachgerufen wurde, war ohne Zweifel für Salmanassar lästig. Bei dem Verlegen seiner Residenz gehorchte er aber wahrscheinlich auch einem strategischen Grunde. Ellassar war den Handstreichen der Babylonier zu sehr ausgesetzt, die ohnehin durch die Wirren in Assyrien schon zu mächtig geworden waren. Kalah, am Zusammenfluß des Zab mit dem Tigris etwas unterhalb Ninive gelegen, war außerdem, daß es weiter von der Grenze entfernt war, auch durch seine natürliche Lage besser verteidigt als Ellassar; der Tigris, der heute in einiger Entfernung von

  1. Chesney nennt dieses Wehr Zikru-l-awaz. Er legt es achtundzwanzig englische Meilen von Mosul dem Flusse entlang (in gerader Richtung sollen es zwanzig sein) und zwölf Grad östlich. Das zweite Wehr, liegt sieben Meilen tiefer und heißt Zikr-Ismael. Nimrud liegt 2¾ Meilen südöstlich von dem ersten Wehr und 4½ Meilen nord-nordöstlich von dem zweiten. (Eine englische Meile ist gleich 1609,32 Metern). Chesney. Expédition, I. eh. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/325&oldid=- (Version vom 1.8.2018)