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ihre Namen festzustellen, wie es auch schwer fällt, sich zu orientieren. Bei den Namen der Berge war der Kellekdschi, der bloß kurdisch verstand, stets im Widerspruch mit der Karte. Bald engen der Butma-Dagh und die Ausläufer des Sanho-Dagh den Fluß sehr ein und bilden (gegen drei Uhr) herrliche Schluchten, woselbst auch die Strömung stark ist.

Wir kamen immer mehr aus den kurdischen Regionen heraus, denn der Kellekdschi nannte uns bald schon eine Menge arabischer Dörfer auf dem linken Ufer.

Eski-Mosul.

Nach vier Uhr durchfuhren wir sehr starke Stromschnellen grade an dem Fuße einer Felsenklippe, auf der zwei Dörfer stehen (auf dem rechten Ufer) und fuhren dann eine halbe Stunde durch die Schluchten des Butma-Dagh. Der Fluß muß hier eine ungeheure Tiefe haben, da er sehr eingeengt und von einer Strömung kaum etwas wahrzunehmen ist. Der Kellek lief hier auf einer Sandbank auf. In dieser Einsamkeit hört man kein Geräusch und keine Störung, so daß der Abend in dieser Stille wirklich zauberhaft war. Das Mondlicht, das von dem ruhigen Wasserspiegel zurückstrahlte, zerteilte auf den hohen Felsklippen große Schatten und fremden Lichterschein. Über unsern Häuptern zeigte der Himmel von Mesopotamien eine wunderbare Durchsichtigkeit.

21. Dezember. Abreise 5½ Uhr.

Ungeachtet eines leichten Nebels setzten wir uns doch schon gegen 5½ Uhr in Bewegung. Gegen acht Uhr kamen wir an Eski-Mosul vorbei, wovon aber nur mehr ein festes Schloß auf einem Hügel erhalten ist. Die Strömung war sehr stark, so daß an ein Halten hier nicht gedacht werden konnte.

Ein wenig später bemerkten wir sechs mit Waren beladene Kelleks. Diese kamen von Dschesireh und hatten einen guten Vorsprung vor uns. Unser Kellekdschi, der etwas ehrgeizig war, suchte ihnen zuvorzukommen; aber die Wirkung seiner Ruderschläge war sehr schwach, so daß er nach einer dreistündigen, angestrengten Thätigkeit erst an die Spitze der sechs andern Kelleks kommen konnte.

Ein wenig stromabwärts werden die Hügel immer niedriger und laufen in langen, wellenförmigen Erhebungen aus.

Endlich gegen zwei Uhr bemerkten wir ein ruiniertes Schloß, und ein wenig weiter hob sich ein Minaret in die Luft: es ist Mosul. Wir waren am Ende unserer ersten Kellekfahrt, die zwar manche Unannehmlichkeiten für uns hatte, aus denen wir uns aber stets glücklich gezogen hatten.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/287&oldid=- (Version vom 1.8.2018)