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Diese Erinnerung und der unordentliche Lauf, den unser Fahrzeug nahm, waren nur zu gut geeignet, uns einen leichten Schauder zu verschaffen; der Kellekdschi – leider hatten wir nur einen, was sehr unklug von uns war – gebrauchte seine Ruder aus allen Kräften; pfeilschnell kamen wir an den Rand des Strudels. Aber anstatt uns anzuziehen, stieß er uns durch eine seitliche Bewegung sehr kräftig gegen den Bogen der Brücke. Die gefährliche Stelle lag glücklich hinter uns. Wir atmeten wieder auf, aber wir waren alle etwas bleich geworden.

Bettelnder Kurde.

Jetzt durften wir auch daran denken, einen Blick auf die Ruinen der Brücke zu werfen, von denen uns die Strömung nun rasch hinwegriß. Die Konstruktion der Brücke muß herrlich gewesen sein; die Steinlagen bestehen aus abwechselnden Schichten von schwarzem Basalt und weißem Kalkstein. Der noch vorhandene Bogen, der sehr schöne, kühne Formen aufweist, trägt in Basreliefs die Zeichen des Tierkreises. Die Erbauung der Brücke scheint zu den Zeiten der Fürsten aus dem Hause der Sassaniden geschehen zu sein.[1]

Die Entfernung zwischen dieser Brücke und Dschesireh legt den Gedanken nahe, daß die Brücke ursprünglich nicht für Dschesireh bestimmt war. Oppert nimmt an, daß sich an dieser Stelle Besabde oder die Doppelstadt befand, die in den Keilinschriften erwähnt wird.

Die Ufer des Tigris sind niedrig; jedoch stoßen an manchen Stellen die Hügel an den Fluß. Die zahlreichen Dörfer, die den Fluß begleiten, bieten höchst traurige Anblicke. Der Hunger, der den Bohtan verwüstete, hat auch hier gewütet, und zudem sind die Leute denselben Gewalttätigkeiten seitens der türkischen Verwaltung ausgesetzt, wie auch anderswo.

Um 4½ Uhr kamen wir in Rubahi an. Unser gastfreundlicher Bischof schied hier von uns, um seine Dörfer zu besuchen.

18. Dezember.

O Täuschung! Fast den ganzen Tag wehte ein heftiger Schneesturm von Südwesten her.

  1. So sagte mir auch Siousi, der französische Konsul in Mosul. Vergleiche auch Oppert, Expédition I. 64 und Atlas, dritte Lieferung.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/281&oldid=- (Version vom 1.8.2018)