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Die Abbildung zeigt eine Ansicht von der Chorseite. Die Dekoration der äußeren Façade mit den drei Bogen ist sehr bemerkenswert. Anstatt die Wölbungen auf verschiedene Weise darzustellen, wobei sehr oft die Verbindung der einzelnen mangelhaft hergestellt wird, hat der Baumeister den Seitenbogen dieselbe Höhe gegeben wie auch dem Mittelbogen. Alle drei beginnen in derselben Mauer. Da diese Mauer ohne irgend welchen Nutzen war und zwischen den Bogen eine bedeutende Dicke erreicht, so wurden dort Nischen angebracht. Diese Nischen bilden den Mittelpunkt einer Verzierung von Säulchen und Bogen von gutem Geschmack, wo man ausschließlich das georgische Kapitäl angewandt findet. Trotz seiner Einfachheit ist das Kapitäl zierlich. Die Säulen laufen in einen kleinen Rundstab aus, auf dem sich eine eiförmige Ausbauchung entfaltet. Diese Ausbauchung wird von einer Kapitälplatte überragt, die etwas vorspringt und den untern Rundstab wieder hervorbringt. Das ist das ganze Kapitäl. Übrigens ist der georgische Stil dem armenischen nahe verwandt.

Kutais hat eine Bevölkerung von 12 bis 15000 Einwohnern, unter denen ein ziemlich großer Teil Armenier sind. Viele von ihnen waren früher katholisch, weshalb sich auch eine Niederlassung der Kapuziner in der Stadt befand. Dubois de Montpereur, ein protestantischer Reisender, den der etwas kalte Empfang seitens der Kapuziner nicht zu deren Gunsten stimmte, giebt der Wahrheit aber trotzdem die Ehre und bezeugt den wohlthätigen Einfluß der Missionare und die über die Armenier gewonnene moralische Herrschaft (1833). Im Jahre 1845 hat die russische Regierung die Mission erbarmungslos und ungeachtet des hochherzigen Anspruches des Obergenerals Neidgard zerstört.

Das Klima von Kutais ist warm und feucht. Die Westwinde bringen sehr schwere Regen; in den Monaten Juli und August ist die Hitze daselbst groß. Wenn der Sirokko des Südostens, der aus den innerasiatischen Steppen kommt, die Höhe des Suram überschreitet, steigt die Temperatur oft bis 42 Grad Celsius; er bläst drei Tage, verbrennt und dörrt alles. Gewöhnlich folgt auf den heißen Wind ein Regen. Die schönsten Monate sind, wie die Reisenden erzählen, Oktober und November.


Ein Ausflug zu dem Kloster von Ghelat.
25. August.

Man muß unbedingt glauben, daß dieses Land das Paradies der Schweine ist, denn sogar in den Vorstädten von Kutais begegnet uns eine zahlreiche Schar dieser interessanten Tiere.

Ghelat ist ungefähr 9½ Kilometer von Kutais entfernt. Der Weg führte uns zuerst das Thal des Rion hinauf. Das Thal ist breit und wird von großartigen Bergen eingeschlossen. Ein außerordentlich hoher, senkrecht abfallender Felsen bietet die hervorragendste Partie dieser Landschaft. Von jetzt an bin ich auch überzeugt, daß man von den Pferden alles verlangen kann, und daß es mit einem ordenlichen Kutscher unmöglich ist, umzuwerfen. Wir überschritten einen Paß und stiegen hinab ohne Hemmschraube, wo ein Fuhrmann aus anderen Gegenden wahrscheinlich besondere Vorsichtsmaßregeln ergriffen hätte. Hier erscheint die Sache dagegen ganz natürlich.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)