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Kutais liegt an der Stelle, wo der Rion in die große Ebene von Imereth eintritt, nachdem er das Gebirge verlassen hat. Im Norden ist darum die Landschaft gebirgig; im Süden dagegen breitet sich eine weite Ebene aus, die bis zu den majestätischen Bergen von Persathi reicht — der kleine Kaukasus. Von der Höhe aus bietet Kutais ein einförmiges Bild wie die meisten Städte des Orients, es erscheint wie ein Wald, der mit Dächern geschmückt ist. Bis zu den Kuppeln der Kirchen, bis zu den Dächern ist alles daselbst grün. Denn in Transkaukasien findet sich fast überall die Sitte, die Dächer mit dünnen Metallplatten zu belegen, die mit Grünspan bedeckt sind. Diese Farbe paßt gut zu dem Grün der Bäume und gewährt in Verbindung mit diesem einen angenehmen Eindruck.

Grundriß der Kathedrale von Ukhimerion.

Um den Anblick der Landschaft besser genießen zu können, ließen wir uns auf den Gipfel eines Berges auf der rechten Seite des Rion fahren — aber auf was für einem Wege! Dieser Berg beherrscht die Stadt von Norden (B). Zu unsern Füßen breitete sich das moderne Kutais aus, das auf dem linken Ufer des Flusses liegt. Schon im Altertum bestand bereits eine Art Vorstadt an der Stelle, wo heute Kutais liegt, und hieß Kutatissium. Aber die eigentliche Stadt, die den Fluß beherrschte, war auf dem Hügel erbaut, wo wir uns befanden, und hieß Ukhimerion. Schon Prokopius thut ihrer Erwähnung. Lange Zeit war es ihr möglich, ihre Stellung zu behaupten. Innerhalb der Umwallung finden sich noch interessante Ruinen, die auf die frühere Bedeutung schließen lassen.

Ukhimerion umfaßte eine hochgelegene Stadt (B) und eine tiefer gelegene (C). Die Festung befand sich östlich von der ersteren (A), ungefähr 250 Fuß über dem Flusse. Der russische General Totleben schleifte sie im Jahre 1769; darauf errichteten die Russen auf demselben Platze eine Zitadelle, die aber weniger Raum einnimmt. Eine Umwallung umgab die hochgelegene Stadt und verband sie mit der Zitadelle. Dort findet sich auch die Kathedrale, das interessanteste Baudenkmal von Kutais.

Bagrat III., zugleich Herrscher von Abkhasien und Kartlis, baute diese Kirche im Jahre 1003. Im Jahre 1690 wurde sie von den Kanonen der Türken zerstört. Man kann sie als das beste Denkmal der georgischen Baukunst betrachten. Unsere Zeichnung zeigt einen Grundriß derselben nach Brosset.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)