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reinlich bei der Zubereitung hergegangen hätte. Um unser Malheur noch zu steigern, mangelte uns auch der Tabak.

Wir streckten unsere Füße am Heuer aus und schliefen, so gut es eben anging. Gegen Mitternacht kam endlich ein Eilbote von Huschanna. Unsere Karawane hatte sich verirrt und war mit allem in einem benachbarten Dorfe angekommen. Alles war in Sicherheit und in gutem Zustande; am folgenden Morgen konnten wir wieder zu unserer Karawane stoßen.

10. Dezember.

Mit Tagesanbruch erreichten wir unsere Gesellschaft wieder drei Viertelstunden unterhalb Bisina. Das Dorf Khesta, wo sie Unterkunft gesucht hatten, ist an dem Ufer des Tigris erbaut und hat ein bedeutendes Aussehen; auch hatten unsere Leute eine gute Aufnahme gefunden.

Weil Khesta nicht an dem gewöhnlichen Pfade liegt, so sind Gäste wie wir dort etwas Seltenes, so daß wir Aufsehen erregten. Die ganze Einwohnerschaft versammelte sich, um jede unserer Bewegungen zu beobachten. Die Einwohner zeigten sich sehr zuvorkommend; die Typen sind schön, einige sogar recht hübsch. Die Männer sind schlank und fein und besitzen wie die Frauen ein vornehmes, würdiges Aussehen. Ich glaube, dieses relative Glück des Dorfes rührt von der isolierten Lage des Dorfes her, wodurch dasselbe von lästigen Einquartierungen der Beamten auf ihren Reisen mit den tausenderlei Scherereien und Schandthaten verschont bleibt.

Auf einer Strecke von mehreren Meilen fließt der Tigris zwischen unzugänglichen Bergwänden dahin, so daß wir seinem Ufer nicht folgen konnten, sondern über die Berge von Fenndück ziehen mußten, um bei Fennik den Fluß wieder zu erreichen.

Um zehn Uhr fünfzehn Minuten reisten wir ab; zunächst kehrten wir zu dem Weiler Bisina zurück, und nach einem langen beschwerlichen Klettern durch die Felder erreichten wir den Pfad nach Fenndück.

Da wir, um dieses Dorf zu erreichen, bis zum Anfang eines sehr engen, von Seitenschluchten durchschnittenen Thales hinaufsteigen mußten, so führt der Pfad, um diese zu vermeiden, in bedeutender Höhe durch das Gebirge. Hier wurde es übrigens abscheulicher, als es jemals gewesen war. Das Pferd Huschannas war beinahe in eine Schlucht gefallen, und Huschanna hatte durch eine außerordentliche Anstrengung des Pferdes einen Kopfsprung gemacht, der zum Glück ohne schlimme Folgen blieb. Die Bäume sind schon spärlich hier, und überall sieht man Spuren von aufgegebenen Kulturarbeiten, die uns die Nähe eines Dorfes ankündigten. Und wirklich kamen wir bald an den Ruinen von Khuaran vorbei.[1] Gegu, der sich abmühte, eine Kette Feldhühner zu verfolgen, verlor sein Pferd. Während er mit den Zabtiehs dasselbe aufsuchte, kletterten wir schon weiter. Die Landschaft wäre großartig, wenn es nur aufhören wollte zu regnen.

Nachdem der Pfad den Paß erreicht hat, umgeht er noch in der Höhe ein kleines Thal und tritt dann in das Thal von Fenndück ein. Das Dorf liegt im

  1. Ainsworth (II. 352) spricht von zahlreichen Dörfern auf dieser Strecke. Was mag aus ihnen geworden sein?
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Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/268&oldid=- (Version vom 1.8.2018)