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die Barke zu führen und setzten ihm dann einen Fuß auf die Barke; in demselben Augenblicke wurde die Beweisführung am hinteren Teile wirklich schlagend, während von vorne ein Mann in der Barke aus allen Kräften an dem Halfter zog.

Bei dem dritten oder vierten unfruchtbaren Versuch zu widerstehen, entschloß sich das Tier dann gewöhnlich zum Sprung. Dieses Verfahren geschah bei zwölf Pferden, was uns alle sehr anstrengte. Um die Annehmlichkeit noch zu erhöhen, fing es auch noch an zu regnen. Nach vier Reisen über den Fluß waren Menschen und Tiere übergesetzt, und es war nichts weiter mehr zu thun, als das Gepäck wieder aufzuladen. Ich kann den Fuhrleuten das Zeugnis nicht versagen, daß trotz der Einfachheit ihrer Barke und ihrer Ruder die Leute ganz gut fuhren.

Das Wasser des Bohtan-Su ist hier sehr schwefelhaltig. Das linke Ufer des Flusses, wo wir uns nach der Überfahrt befanden, ist eben; eine hohe Felsenklippe von dem bereits geschilderten Gestein hängt über das rechte Ufer. Ein wenig thalabwärts zeichnen sich durch den Reflex auf dem Flusse die Ruinen einer schönen Brücke ab, die ehemals den Bohtan-Su überspannte. Soviel man noch feststellen kann, bestand die Brücke aus acht Bogen.

Kurze Zeit, nachdem wir über den Fluß gesetzt hatten, verließen wir seine Ufer und bemerkten von weitem seine Mündung in den Bitlis-Tschaï. Der Pfad durchschneidet dann ein dorniges Gebüsch, das Hyvernat als Cystenrose bestimmte. Die verkrüppelte Vegetation ist unwirtlich und bietet einen traurigen Anblick.

Eine kurze Strecke weiter kommt der Pfad wieder zu dem Flusse, der hier ungefähr so breit ist wie die Seine und sehr rasch fließt.

Ankunft 6 Uhr.

Beim Einbruch der Dämmerung kamen wir in einen wirklichen Wald von hohen, dünnen Gräsern, deren drei Meter hohen Stengel anmutig mit einem Strauße gekrönt ist. Endlich kamen wir in Balak an, wo wir während der Nacht blieben; es ist dies ein kleines kurdisches Dorf an dem Ufer des Bohtan-Su.

Am andern Tage sollten wir die Ufer des Tigris sehen. Kaum eine Stunde waren wir noch von ihm entfernt, und wir konnten schon deutlich die tiefe Spalte sehen, durch die der Fluß zieht. Das Thal des Tigris mit seinen biblischen Erinnerungen war für mich gleichsam das Hauptziel der Reise, und der Abend ganz mit einer poetischen Erwartung ausgefüllt.

9. Dezember. Abreise 9 Uhr.

Leider hatte die Nacht durch die Ströme eines sündflutlichen Regens die ganze Poesie verscheucht. Gegen neun Uhr morgens hörte es ein wenig auf, und wir setzten uns in Bewegung.

Der leicht aufsteigende Weg erlaubte uns, die Nähe des Zusammenflusses der beiden Flüsse Tigris und Bohtan-Su zu ahnen. Da unmittelbar nach diesem Zusammenfluß der Tigris einen großen Bogen beschreibt, durchschneidet der Pfad diesen Bogen und führt über eine Hügelkette. Schließlich war der Pfad nichts mehr als eine Schlammpfütze, in der sich eine Menge Kieselsteine befanden, und wo die Pferde nach Vergnügen durch den Kot wateten.

Endlich erblickten wir zu unsern Füßen unten zwischen steile Felsen eingeengt den Tigris, dessen Wasser mit lautem Gemurmel dahinfließt. Dieser reißende

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/264&oldid=- (Version vom 1.8.2018)