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Dünger doch allen als Brennmaterial dienen muß, noch als die beste empfehlen, weil das Land dann nicht zu sehr ausgesogen wird.

Die wellenförmigen Ausläufer des Sipan, zwischen denen sich der Weg durchschlängelt, verhüllten uns das Gebirge. Gegen elf Uhr machten wir eine kurze Rast in dem kleinen Dorfe Aghsrau, das in einer Falte des Geländes verborgen ist; von da stiegen wir wieder zu dem Ufer des Sees hinab und kamen, indem wir nunmehr dem Ufer folgten, zu einem kleinen Golf, wo der Sipan in seiner ganzen Herrlichkeit wieder vor uns stand.[1] Nachdem wir ein ziemlich beträchtliches Flüßchen überschritten hatten, das aber ganz zugefroren war, erreichten wir das armenische Dorf Norschen,[2] das an der Seite eines Hügels liegt. Dieser Hügel ist sehr merkwürdig, da er nur aus rundlichen Kieselsteinen vulkanischer Natur besteht. Ich bemühte mich vergebens, eine Erklärung dieser Thatsache zu finden. Der Gipfel des Hügels liegt beinahe ebenso hoch über dem Spiegel des Sees als die Schwelle von Tadwan.

27. November. Abreise 7½ Uhr morgens.

Je mehr wir in die Gegend kamen, die der Sipan-Dagh gegen die Nordostwinde schützt, um so seltener wurde der Schnee. Das Gehen auf dem sandigen Boden fiel uns leicht, und der Weg steigt allmählich bis zu einer der Terrassen, welche die Stufen des Gebirges bilden. Zu unserer Linken ließen wir in ziemlich weiter Entfernung und auch ziemlich tief den Weiher von Khorantz; wir konnten nicht untersuchen, ob er ein ausgebrannter, mit Wasser gefüllter Krater oder eine vom See getrennte Lagune ist. Ein anderer Weiher, an dessen Ufer Kiepert das Dorf Sipan vermerkt, blieb für uns unsichtbar, da er mehr nach rechts und noch höher liegt. Er soll die Höhle eines alten Kraters anfüllen; das großartige Gerölle, an dem wir vorbeikamen, rührt wahrscheinlich von der letzten Eruption her.

Von Anfang an war der Himmel bewölkt, doch eröffnete er uns gegen Mittag entzückende Aussichten auf den See.

Auf dem Gipfel eines Hügels bemerkten wir noch die dreischiffigen Trümmer einer Karawanserei, die hier als Zeugen einer glücklicheren Zeit übrig geblieben sind; daneben erhebt sich jetzt ein kleines Dorf.

Ankunft 2½ Uhr nachmittags.

Bald neigt sich der Weg einem kühlen Thale zu, wo die ersten Häuser von Adeldschiwas[3] Schutz gesucht haben; nachdem der Bach überschritten ist, gelangt man in die kleine Stadt, die ganz niedlich auf einem Ausläufer des Gebirges errichtet ist, der von einer alten, zerfallenen Festung gekrönt ist. Von dieser Festung gehen die Mauern der Stadt fächerförmig auseinander. Wie die von Ardschisch, so laufen auch hier die Mauern bis in den See.

  1. Ich hatte eine Menge photographischer Aufnahmen von dem Sipan-Dagh gemacht. Leider war aber keine einzige gute dabei. Die Zeichnungen, die ich davon gebe, sind nur vage Umrisse, die mehr geahnt werden mußten auf den Platten, als sie geschaut werden konnten, oder es sind in der Eile entworfene Skizzen. Diese Reproduktionen sehen eher als eine Beleidigung dieses schönen Panoramas aus.
  2. Oder besser Noraschehn.
  3. Gewöhnlich Aldschiwas genannt, der armenische Name ist Ardzgeh.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/230&oldid=- (Version vom 1.8.2018)