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Die Wälle, die die Festung verteidigen, und zwischen denen sich der Zugangsweg befindet, sind, in der Nähe gesehen, sehr erbärmlich.

Der ungeheure Felsen, der die Zitadelle trägt, ist nur eine einzige Kalksteinmasse (Linsenstein) von unglaublicher Härte. Der mittlere Teil, der auch der höchste ist, bildet ein ungleiches Plateau, wo sich der massive Hauptturm und sein Zubehör befinden. Dieses Plateau verbindet sich mit der nach Norden liegenden Ebene durch eine verhältnismäßig bequeme Böschung, die wieder in mehrere Terrassen geschnitten ist. Diese sind mit Artillerie garniert; aber wie? Es sind alte persische Stücke, seit Jahrhunderten aber vernagelt; während die einen auf der Erde liegen, befinden sich die andern hoch auf den Lafetten, wie in unsern Festungen des fünfzehnten Jahrhunderts. Der Hauptturm enthält eine Sammlung Feldstücke, das einzige Mittel zur Verteidigung des Platzes.

Wan, von der Festung aus gesehen.

Von beiden Seiten dieser zentralen Plattform senkt sich der Felsen ein wenig, bildet aber überall über der Stadt einen äußerst starken Pik; es ist dies auch gut, da ihn keine Mauer nach dieser Seite hin schützt. Gegen Südosten beherrscht eine letzte befestigte Plattform das Thor von Tebris (Tebris-Kapu).

Unterhalb dieser Plattform enthält eine große in den Felsen eingehauene Nische eine Keilinschrift, die aber leider von Barbarenhänden gänzlich verstümmelt ist.

Die Inschriften bilden für den Gelehrten den Hauptanziehungsgrund von Wan und seiner Umgebung. Da sie alle in Keilschriftenformen nach dem assyrischen Syllabaire dargestellt sind, haben sie bis heute den Auslegern viele Qualen bereitet; das Lesen ist an und für sich ganz leicht, aber die Erklärung war bis zu den letzten Jahren ein Problem in anbetracht der wenigen Anhaltspunkte, die man über die

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Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/193&oldid=- (Version vom 1.8.2018)