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daß er behauptete, er habe Grimaud nur aus Sorge für dessen Wohlergehen verhaften lassen wollen.

Es ist dies das gewöhnliche Verfahren der Türken, wobei es ihnen zuweilen gelingt, den harmlosen Europäer zu erwischen: sie ergehen sich in tausend Entschuldigungen, die ja nichts kosten, und setzen dann von einer andern Seite ihre Ränke fort.

Inmitten all der Widerwärtigkeiten gewährte uns die Herrlichkeit der Natur eine gute Abwechselung. Das herbstliche Aussehen der Bäume, die frische, belebende Luft erinnerten mich lebhaft an das Elsaß und weckten Heimweh in mir.

25. Oktober.

Der Schnee, der bereits den Warak bedeckte, kündigte das Herannahen der kalten Jahreszeiten an; von einer Abreise unsererseits konnte aber noch keine Rede sein.

Nun noch neue Schwierigkeiten! Nathanael, den wir von einem Tage zum andern erwarteten, telegraphierte uns von Baschkala: Unser Gepäck ist durchwühlt worden; Pulver, Patronen und Bücher sind mit Beschlag belegt worden; mein Reisepaß wurde konfisziert.

Was soll all dies bedeuten? Die Erwähnung des Passes beunruhigte uns am meisten; denn als wir Khosrawa verließen, um uns nach Wan zu begeben, hatte Kascha Isaak keinen türkischen Passierschein; in Urmia verlangten wir einen solchen für ihn von dem türkischen Vizekonsul. Dieser erklärte uns, daß diese Formalität gänzlich überflüssig sei, und daß der Passierschein Nathanaels sehr gut für Sascha Isaak gelten könne, weshalb er ihn auch beglaubigte. In Baschkala hatte der Vekil des Mutessarif die Worte: „gekommen vom Hakkiari und abgereist nach Wan“ hinzugesetzt. Dieser Paß konnte in den jetzigen Umständen Nathanael nicht mehr dienen und besonders nicht nach einer Zwischenzeit von vierzehn Tagen. Wir hatten ihm sagen lassen, er solle sich als persischer Unterthan einen persischen Paß oder als Reisender einen französischen Paß durch den französischen Konsul in Tebris verschaffen. Sollte er vielleicht unsern Instruktionen keine Rechnung getragen haben. In diesem Falle würde sich unsere Lage vielleicht noch verschlimmern, und man könnte den Verdacht der Schmuggelei gegen uns aufkommen lassen.

In jedem Falle mußte nun gehandelt werden. Scherifoff veranlaßte uns, ihm eine Erklärung zu überreichen, wodurch wir seinen Schutz anriefen.

30. Oktober.

Eine neue Depesche von Nathanael! Das Gepäck war alle in Baschkala untersucht und nach Wan transportiert, eine der Kisten amtlich versiegelt worden. Er selbst wurde in Baschkala wegen seines Passes noch zurückgehalten. Es war sicher, er hat sich anführen lassen und unsere Weisungen nicht beachtet.

31. Oktober.

Endlich erhielten wir einige nähere Auskunft über die Angelegenheiten von Baschkala durch den angekommenen Mudir der Tabaksregie.

Schon unsere Reise nach Baschkala hatte unangenehme Folgen; Iskender Effendi wäre beinahe verhaftet worden, und man hatte ihm gedroht, seine Wohnung von dem Dach bis zum Keller zu durchwühlen.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)