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Wiederholung: fruchtbarer Boden, der aber infolge der praktischen Unfähigkeit und besonders durch den Mangel einer guten Regierung schlecht angebaut ist.

Gegen drei Uhr des Nachmittags begab ich mich in eine Ebene hinab, um eine photographische Aufnahme von der Stadt zu machen. Bei meiner Rückkehr traf ich eine ganze Bande von Beamten, den Vekil (Stellvertreter des Mutessarif, des Vorstehers der Provinz Albag) an der Spitze. Diese Beamten schienen keine Lust zu haben, sich meinetwegen in Unruhe bringen zu lassen und verschwanden. Kaum war ich weitergegangen, als sie Gegu anriefen, um ihn auszuforschen. Selbstverständlich machte sich dieser irgend etwas zurecht. Ich trat bei Iskender-Effendi ein; bald empfingen wir den Besuch des persischen Konsuls, Isaak Khans, eines jungen Mannes von sehr schönem Typus, dazu gut französisch sprechend. Kaum war dieser weggegangen, als der Chef der Polizei und ein Hauptmann erschienen. Der Hauptmann fragte mich ziemlich grob, mit wessen Erlaubnis ich das Wagestück unternommen habe, die Stadt zu photographieren. Ich antwortete ihm, daß ich dies ohne jeglichen Hintergedanken gethan habe, sondern lediglich deshalb, weil mir die Ansicht so gut gefallen habe. Er erwiderte, es sei verboten, ohne Erlaubnis Aufnahmen von der Stadt zu nehmen. „Kraft welches Gesetzes?“ fragte ich. Da gerieten sie wegen der Antwort in große Verlegenheit. Als sie nicht aufhörten, uns zu fragen und zu langweilen, wurden wir aufgebracht und erklärten ihnen, die Platten gegen ein über die Auslieferung aufgenommenes Protokoll auszuhändigen; aber darauf gingen sie nicht ein. Nun verlangten wir, zum Mutessarif geführt zu werden. Unter dem Vortritt der Beamten setzten wir uns in Bewegung, gefolgt von Gegu, der den gefährlichen Apparat trug.

Da der Mutessarif abwesend war, wurden wir von seinem Stellvertreter, dem Vekil, einem alten Gelehrten mit grauem Barte empfangen; er hatte schöne Gesichtszüge, aber ein falsches Aussehen. Er war mit einem grünen Pelzmantel bekleidet und trug einen weißen Turban.

Er begann die Verhandlung damit, uns zu eröffnen, daß es untersagt sei, eine photographische Aufnahme von der Stadt zu machen. Wir dagegen verlangten den Wortlaut des Gesetzes zu hören und boten ihm gegen ein entsprechendes Protokoll unsere Platten an. Vor diesem Entschluß schrak der alte Mollah zurück und sagte uns, er denke, daß das Gesetz uns verbiete, die Stadt zu photographieren, und daß er unsern Erlaubnisschein sehen wolle. Wir entgegneten ihm trocken, ein Mollah solle nicht denken, daß ein solches Gesetz existiere, sondern er habe das zu wissen. Diese Antwort reizte ihn sehr. Er bestand nicht weiter auf seiner Forderung und erklärte uns nur, daß er den Wali (Gouverneur) von Wan von der Sache sofort benachrichtigen werde, weil wir vielleicht ein sehr schweres Vergehen auf uns geladen hätten, indem wir die Sicherheit des ottomanischen Reiches gefährdeten. Vor dieser hohen Weisheit des Mollah mußten wir schweigen, machten ihm aber doch das Anerbieten, ihn selbst zu photographieren. Jetzt war die Verlegenheit des Alten sichtbar; er wäre gern auf unser Anerbieten eingegangen, aber er schenkte uns kein Zutrauen. Kurz, er verweigerte uns die Erfüllung unserer Bitte, indem er sich hinter die Vorschrift des Korans verschanzte, die verbietet, sich abbilden zu lassen, und welche Vorschrift er nicht zu übertreten wage. Wir beendeten die Sitzung, indem wir für den andern Morgen Zabtiehs verlangten. Man beglaubigte unsere Pässe mit der Bemerkung:

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Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)