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wurden; aber die Kirche in Ardischai wurde den Katholiken erst im Jahre 1866, also zwanzig Jahre später zurückgegeben. Damit war auch die Zeit der größten Schwierigkeiten glücklich zu Ende.

Übrigens kann man die Amerikaner, wie geartet sie sonst auch immer sein mögen, für das Verfahren Perkins’ nicht verantworlich machen; auch scheint sich seine Anschauung nicht auf seine Nachfolger vererbt zu haben; aber Fälle solcher Art stempeln schließlich ein ganzes Unternehmen zu einem tendenziösen, und der Einfluß solcher Wandlungen läßt sich oft noch lange Zeit bemerken.

Wenn man solche Thatsachen weiß, macht es einen höchst komischen Eindruck, wenn man liest, wie Perkins die Rolle eines von Wölfen umgebenen Schafes spielt.

Was die von Perkins gegen Mgr. Clusel, damals noch einfacher Missionar und später Apostolischer Delegierter, erhobenen Beschuldigungen betrifft, so werden diese, nach dem was oben von dem Reverend erzählt worden ist, wohl samt und sonders hinfällig, so daß auch ein näheres Eingehen darauf nicht nötig erscheint. Im übrigen haben wir zur Rechtfertigung Clusels die Thatsache, und dabei muß noch betont werden, dies geschah in einer Stadt, die zu drei Vierteln von Mohammedanern bewohnt ist, und in einem Lande, wo das Christentum verachtet ist, daß Clusel es dahin brachte, daß er von allen geachtet ward; ja man erzeigte ihm wahrhaft fürstliche Ehren. wenn er Urmia verließ, schien das Ehrengeleite, dem sich anzuschließen die Mohammedaner für eine Ehre hielten, eines Fürsten würdig. Kehrte er zurück, so schickte ihm der Gouverneur eine oder zwei Meilen vor die Stadt eine Ehreneskorte entgegen. Bei seinem Tode überstiegen die Begräbnisfeierlichkeiten alles, was man bis dahin in dem Lande gesehen hatte.

Unter einer Regierung wie in Persien, wo die Beamten nur zu stehlen verstehen, kam es zuweilen vor, daß die Gouverneure von Clusel Geld liehen, wenn sie in Not waren, und wie man erzählt, erstatteten sie es auch wieder, was doch bei solchen Beamten viel bedeutet.

Für denjenigen, der die Verhältnisse des Orients kennt, genügt diese eine Thatsache, vorausgesetzt, daß sie wahr ist, als Prüfstein für den moralischen Einfluß, den Clusel erreicht hat.

Gegenwärtig ist die Mission von Urmia beträchtlicher und blühender; sie wird von fünf Missionaren und sieben Barmherzigen Schwestern geleitet.

Die Kirche ist, wenigstens für den Orient, ein bemerkenswerter Bau. Das Kollegium zählt hundert Schüler, wovon sich jedes Jahr zwölf auf den Eintritt in das Seminar in Khosrawa vorbereiten.

Die Mission unterhält ungefähr fünfzig Waisen und bringt auch noch die Unterhaltungskosten für fünfundvierzig Dorfschulen in der Ebene von Urmia auf. Die Schwestern haben eine Apotheke, eine Schule, eine Kleinkinder-Bewahranstalt und besuchen auch noch die Kranken in den Häusern.

Um die zwölf Europäer am Leben zu erhalten, ferner um die Lehrer von Urmia zu besolden, die Waisen zu erhalten, dazu noch fünfzig eingeborene Priester, um die Kosten für die Apotheke und fünfundvierzig Schulen außerhalb der Stadt aufzubringen, empfängt die Mission in Urmia von dem Verein zur Verbreitung des Glaubens jährlich 15500 Francs: Österreich liefert als Meßstipendien ungefähr

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Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)