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Wenn ein Haus mehrere Zimmer hat, wird der Tandur in dem vornehmsten errichtet, ungefähr in der Mitte des Zimmers, seitwärts vom Eingang. Der Tandur ist eine Amphora aus gebranntem Thon, mit Seitenwänden in der Dicke von ungefähr drei Fingern, die ganz in den Fußboden eingelassen ist.

Durchschnitt eines Tandurs.

Die Herstellung eines Tandurs ist eine ziemlich schwierige Sache; zunächst wird die Amphora außerhalb des Hauses fertig gestellt Dazu darf nur sehr sorgfältig geknetete Erde verwandt werden. Die gewöhnliche Höhe ist ein Meter oder etwas mehr, der Durchmesser ist je nach den einzelnen Fällen verschieden. Zunächst wird der Boden der Amphora fertig gestellt. Die Seitenwände werden nach und nach gebildet, jedesmal ungefähr eine Höhe von der Breite einer Hand, sobald die untere Schicht hinreichend fest geworden ist. Ist auf diese Weise die Amphora entstanden und gehörig getrocknet, so höhlt man in dem Fußboden ein Loch aus, dessen Durchmesser den der Amphora um ein Meter ungefähr überragt. Auf den Boden dieses Loches legt man eine Steinplatte, worauf man unter Anwendung der größten Vorsicht die Amphora setzt. Eine Öffnung in der Seitenwand an dem untern Ende derselben steht durch eine schräge Luftröhre mit dem Fußboden in Verbindung und mündet nahe bei der Thüre. Diese hat den Zweck, dem Feuer frische Luft zuzuführen. All der freie Zwischenraum um den Tandur herum wird mit Asche angefüllt, über welche hernach eine Art Mörtel gestrichen wird, so daß das Ganze in derselben Höhe mit dem Fußboden liegt.

Steht nun der Tandur an seiner Stelle, so wird in demselben ein Feuer angezündet und derselbe ganz mit Brennmaterial gefüllt. Dieses Feuer wird mehrere Tage lang unterhalten und genügt, um den Tandur hart zu brennen.

Es ist noch zu bemerken, daß das Zimmer selbst auch den Namen Tandur bekommt. Im Winter versammelt sich hier die ganze Familie; wenn das Feuer etwas niedergebrannt ist, kauert die ganze Gesellschaft um den Tandur herum. Die Bevorzugten haben das Recht, ihre Beine in den Backofen hinabhängen zu lassen.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)