„Wer war mit Ihnen?“
„Ich war ganz allein, mir war nicht nach Gesellschaft zu Mut.“
Er starrte vor sich hin, an dem Gesicht des Obersten vorbei, auf die Wand.
„Sie sind in der Kneipe ‚zu den drei Linden‘ eingekehrt und haben sich einen Rausch angetrunken mit ganz gewöhnlichem Fusel, Swoyschin? Nun, heute ist nicht mit Ihnen zu rechten. Legen Sie sich ins Bett; aber morgen!“
„Muß der Morgen kommen?“ Er fing an, am ganzen Leib zu zittern. „Es war, weil ich vergessen wollte, daß der Morgen kommen muß!“ Plötzlich bedeckte er sein Gesicht mit beiden Händen und fing an, krampfhaft zu schluchzen.
Der Oberst ließ ihn eine Weile, der junge Mensch mußte sich nüchtern geschluchzt haben, ehe er ihn weiter ausfragen konnte. Dann legte er ihm die Hand auf die Schulter. „Swoyschin, was ist geschehen?“ fragte er ihn.
„Was geschehen ist?“ wiederholte Swoyschin, indem er sich kerzengerade erhob, „was geschehen ist? Es ist geschehen, daß ich in drei Wochen heiraten soll!“
Er sah noch einen Moment starr vor sich hin, dann verließ er, ohne ein weiteres Wort zu sprechen, das Zimmer.
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/260&oldid=- (Version vom 1.8.2018)