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die Ginas Geburt begleitet hatten, nicht weiter wunderbar. Als aber Emma über diese Umstände etwas Näheres erfahren wollte, hatte die Alte erwidert: „Fragt das Meer, das Meer weiß es besser als ich!“ Andres war nicht aus ihr herauszubekommen.

Ratschläge zu erteilen war sie hingegen bereit. Das dreiundzwanzigste Jahr würde ihrer Schwester verhängnisvoll werden und bei ihr über Glück und Unglück entscheiden. Emma solle die Schwester besonders hüten bei Vollmondschein, Vollmondnächte wären gefährlich. Das Beste in solchen Nächten wäre, die Schwester in einen tiefen Schlaf zu versenken, einen Schlaf, der dauerte, solange der Vollmond schien. Und sie lehrte Emma, wie man es machen müsse, den totenähnlichen Schlaf zu erzwingen.

Und dann hatte Emma gefragt, ob es kein Mittel gebe, die Schwester gänzlich zu heilen. Da hatte die Alte in den Räucherkessel geblickt, der immer vor ihr stand, wenn sie um Rat befragt wurde, und aus dem ein seltsamer Dunst in feinen bläulichen Gewinden emporstieg.

„Ein Mittel,“ wiederholte sie, „ein Mittel, die Schwester zu heilen? Wer weiß! Sie hat nicht Leben genug in sich, sie braucht eine Flamme, eine große, starke Flamme, die sie ganz durchglüht, so durchglüht, daß ihr Blut nie mehr erkalten kann.“ Dann sich weit vorbeugend durch die feinen Rauchwölkchen,

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/195&oldid=- (Version vom 1.8.2018)