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Und endlich versagte die Stimme der treuen Wärterin.

Emma mußte wieder horchen und sich fürchten.

Die Unruhe in den Gängen hatte aufgehört, aber aus dem Meer erhoben sich grausige Laute, immer derselbe gellende Aufschrei, der sich in ein leises Kichern verlief. Es war, als schleudere der Ozean höhnende Verwünschungen gegen den Felsen, den das Kastell San Vitale krönte.

Endlich schlief Emma ein. Als sie aufwachte, stand die Wärterin neben ihr. Auf ihrem feierlichen Gesicht war zu lesen, daß sich etwas Wichtiges ereignet hatte.

„Was ist’s,“ fragte Emma ängstlich, „was ist geschehen?“ Da sagte die Alte mit bebender Stimme: „Über Nacht hat Gott die Frau Marchesa zu sich genommen und dir ein Schwesterchen geschenkt!“

„Ein Schwesterchen!“ jauchzte Emma. „Und wo ist das Schwesterchen hergekommen? Hat es das Meer an das Land gespült?“

Da fuhr die Alte zusammen, als habe Emma unvorsichtig an ein großes Geheimnis gerührt. „Vielleicht,“ murmelte sie und bekreuzte sich.

Schon den nächsten Tag senkten sie die verstorbene Marchesa in die Gruft der Ginoris – ein altväterisches Mausoleum von vier hohen Cypressen umstanden – eine an jeder Ecke, und hinter jeder Cypresse

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)