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man schwarz gemacht, selbst den Fußboden. Der Sonnenschein war hinausgesperrt, das bißchen Licht in dem großen Saal war künstlich und strömte von den Wachskerzen aus, die den Sarg umstanden. Emma war zu Mute, als hätte von da an der Sonnenschein nie mehr den Weg zu ihr gefunden, und als wäre alles Licht, das noch manchmal ihr Leben aufgehellt hatte, künstliches Licht gewesen.

Man hatte ihr ein schwarzes Kleid angezogen, vor dem sie sich gefürchtet, gegen das sie sich gewehrt hatte. Es hatte sich um ihre Glieder gelegt wie eine drückende, einengende, hemmende Last. Das schwarze Kleid hatte sie abgelegt, die Last trug sie noch heute. Nur war sie schwerer geworden mit den Jahren.

Dann kam das Leben in San Vitale, das Heranwachsen des von Natur aus verschlossenen, in sich gekehrten Kindes, voll uneingestandener Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Teilnahme zwischen einem in seinen Sorgen vertieften Vater und einer bezahlten Erzieherin.

Das Leben in San Vitale, dem finsteren Schloß, das sich, eine Art Festung, auf einem Felsen an der Küste von Kalabrien erhob, aus Marmor und Granit zusammengetürmt, des künstlerischen Schmuckes weder äußerlich noch innerlich entbehrend, aber kahl, traurig, mit alten römischen Kaiserbüsten in den Gängen und mit sich über den verblaßten Fresken der Wände niederwölbenden,

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/187&oldid=- (Version vom 1.8.2018)