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Schmal und weiß, in einem langen Nachtkleid, schlich Gina Ginori mit geschlossenen Augen zwischen den Gräbern hin. Deutlich und dunkel traten ihre vollen Lippen aus ihrem bleichen, von schwerem schwarzen Haar umrahmten Gesicht.

Sie näherte sich dem Grab, auf dem sie damals gesessen, als Oberst und Adjutant sie zum erstenmal gesehen hatten. Sie kniete davor nieder und begann die Rasenfläche des Grabes zu streicheln. Dabei sang sie leise, halb wimmernd, die Melodie, die Swoyschin zum erstenmal im Traum von ihr gehört. Dann richtete sie sich auf, blieb einen Moment mit vorgeschobenem Kopf, wie von einer plötzlichen Gier gepackt, stehen, machte noch ein paar Schritte, worauf es schien, als ob die Erde unter ihr eingesunken sei; man sah nur noch ihren Oberkörper, dann auch den nicht mehr.

„Herr Gott,“ murmelte der Oberst, „sie ist in ein offenes Grab gekrochen.“

„Wir werden sie holen müssen, werden sie zurückführen müssen ins Schloß,“ ächzte Swoyschin, seine Zähne schlugen aneinander.

„Ist nicht mehr nötig, kommen Sie,“ rief der Oberst, und mit einem Satz brachte er sein Pferd hinter ein paar hohe, wilde Rosenbüsche, zwischen deren Geäst er beobachten konnte, was vorging, ohne vom Kirchhof aus gesehen zu werden.

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/183&oldid=- (Version vom 1.8.2018)