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Aber auch der strengste Winter nimmt sein Ende. Auf der Elbe draußen schwammen die Eisschollen, – den Tag zuvor war die Eisdecke geborsten mit furchtbarem Gekrach.

Aber der Weiher von Monbijou trug noch, wie die Offiziere sich ausdrückten; ein letztes Mal mußte man sich die Freude gönnen. Das Eis schwitzte bereits stark, und gewissen Stellen an der südlichen Seite des Teiches mußte man ausweichen. Der Park hatte seine weißglitzernde Märchenpracht eingebüßt und zeigte sich in seiner ganzen häßlichen braunen Vorfrühlingskahlheit, die Bäume schienen aus dem Schlamm herauszuwachsen, hie und da breitete sich ein schmutzigweißer Schneefleck zwischen zwei Pfützen aus. Es war häßlich, aber durch die Kronen zog sich ein geheimnisvolles Rauschen, das von kommender Frühlingsschönheit weissagte, und der Geruch, der aus der häßlichen, kahlen Erde aufstieg, kündete von neuem Keimen und Blühen.

Die Offiziere wußten, daß es ihr letzter Eistag war, und konnten sich von ihrem Vergnügen nicht losreißen – der Oberst mitten unter ihnen.

Ein paar Offiziersdamen mischten sich in den Reigen. Am Rande des Teiches stand eine Gruppe neugieriger Bürger und Bürgersfrauen und betrachteten das Schauspiel, unter ihnen die schöne Müllerin, die ihren Anbeter durch ein großmächtiges Opernglas

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/076&oldid=- (Version vom 1.8.2018)