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Tollkirsche und Kellerhals folgte. Statt der Großvögel wurden Krähen, Alastern, Wiedehopfe und Nachtraben mit einer ausgesuchten Brühe von Fliegen- (agaricus muscarius) Satanspilz (boletus satanas) Schwefelkopf (agaricus fascicularis) Speiteufel (agaricus emeticus) aufgetragen. Der Nachtisch bestand in Liebesäpfeln, Melangan- und Stechäpfeln, Wolfskirschen und spanischem Pfeffer. Statt des Weins wurde – wie der Geruch lehrte – Pech und Schwefel und Statt der Liqueure Vitriol und Scheidewasser in goldenem und silbernem Geschirr kredenzt.

Wäre der ehrliche Bürger ein Literat gewesen, so würde ihm gewiß die Teufelsküche in Shakespear’s Macbeth eingefallen seyn; so aber überfiel ihn blos Entsetzen und Grauen, ihm ward unheimlich und der Pech- und Schwefelgeruch erregte bei ihm ein heftiges Niesen. Dieses nun erweckte die Schlemmergesellschaft. – „Ich wittre einen Erdwurm!“ – rief Einer der Ritter, den goldenen Becher wüthend nach dem Armen schleudernd, der jedoch durch eine Wendung dem Wurf glücklich entging. Alles verschwand in einem Nu, – der Marklissaer befand sich vor’m Thore und hielt den in seiner Herzensangst aufgegriffenen Becher noch in der Hand.

Dieser Becher soll noch vor ungefähr achtzig Jahren auf dem Schlosse zu Sagan gezeigt worden und gegenwärtige Sage, fein sauber auf Pergament geschrieben, in selbigem verwahrt gewesen seyn.[1]


  1. Vorstehende Sage hat Aehnlichkeit mit dem Gesicht, welches im Jahr 1570 der Schweidnitzer Bürger, Johannes Bär, auf dem Zobtenberge gehabt.